Ein Kernthema in der Debatte zwischen fundamentalistisch gläubigen Personen und eher wissenschaftlich orientierten Menschen ist seit langer Zeit oftmals die Evolutionslehre. Über dieses Thema wird der Zugang gesucht zu der Frage, was der Mensch ist und was er sein kann. Hierzulande wurde eine meist eingehaltene und sachgerechte Abtrennung des naturwissenschaftlichen Unterrichts von Glaubensinhalten durchgesetzt. Während diese Debatten mit dem Christentum bis auf kleine Kreise innerhalb fundamentalistischer Gruppen (Anhänger des „intelligent design“, Kreationisten anderer Färbung, manche ultrakatholischen Kreise) im Wesentlichen derzeit weniger geführt werden, zumindest meist keine größere Rolle mehr spielen, ist diese Auseinandersetzung mit Personen und Organisationen islamistischer Orientierung erst in den Anfangsstufen.

Bild: http://www.independent.co.uk/news/science/tyrannosaurus-rex-could -open-its-mouth-really-wide-scientists-discover-a6719846.html
Wird im Biologie-Unterricht die Evolutionslehre besprochen oder wird in anderen Fächern die Abstammung des Menschen relevant (Vor- und Frühgeschichte im Geschichtsunterricht, im GK- oder Politikunterricht die Frage, wer billigerweise Regeln machen darf, die für alle zunächst verbindlich sind) so berichten Lehrer von manchen neuen bzw. dem Wiederaufflammen alter Debatten. Wird zu stark und damit falsch zu verstehen verkürzt auf „Menschen stammen von Affen ab“, so wird das von fundamentalistischen Schülern aufgegriffen und umgedreht: Der Ungläubige mag vielleicht von sich annehmen, er stamme von Affen ab, für den Gläubigen gelte dies selbstverständlich nicht. Sonderrolle und Überlegenheits- und damit Herrschaftsanspruch werden so vermeintlich legitimiert.
Ideologisch wird diese Herangehensweise von einigen Vordenkern unterfüttert.
Konkret stellen stark islamistisch orientierte Schüler so manchen Biologie-Lehrer auf eine harte Geduldsprobe, weil Belege und Hinweise nicht anerkannt werden, nicht einmal bei klarer Lage und Augenschein. Selbstreferentiell steht auch in manchen islamischen Schriften, dass der Muslim per se klug sei und Nichtglaube eine genuine Form der Erkenntnisunfähigkeit und Dummheit. Kommen zu dieser überbordenden Selbsteinschätzung (auch bei ganz jungen und völlig ungebildeten Personen!) mangelnde Reflexion und ein Sendungsbewußtsein, hat mancher Lehrer ein Problem. Schon vor Jahren gab es solche Anfragen in Fundamentalisten-Foren, in denen man sich informieren wollte, wie man Lehrer herausfordern und kann:
Einer der Vorschläge
Einer der Vorschläge zur Vorgehensweise:
http://www.ahlu-sunnah.com/threads/29538-Lehrer-macht-sich-%C3%BCber-Allah-lustig?highlight=biologie
Im Prinzip geht es um einen Kreationismus islamischer Ausrichtung. Während mancher einfach die Glaubensinhalte übernimmt und genauere Fragen erst gar nicht stellt, da schon das Nachdenken über Alternativen als spirituelle Insubordination verstanden wird, sind andere mehr auf der Suche. Fündig werden sie z. B. bei dem im türkischen Raum bedeutsamen und auch weiter in die islamische Welt wirkenden ehemaligen Architektur-Studenten Harun Yahya. alias Adnan Oktar. Er hat auch eine deutsche Seite:
Dort finden sich dann solche intellektuellen Pretiosen wie:
http://www.harunyahya.de/de/pages/id/1888/Evrim-Aldatmacasi/Der-Evolution-Schwindel
Das Buch des Herrn wurde weit verbreitet und wird auch bei Amazon geführt:
https://www.amazon.de/Atlas-Sch%C3%B6pfung-Harun-Yahya/dp/B001EKMV9S
Das Buch wurde bei Neuerscheinung im Jahr 2007 an Redaktionen und Schulen auch in Deutschland versandt. Wegen der Abbildungen könnte es noch unbeachtet in mancher Schulbibliothek stehen, sofern Lehrer dort nicht aufmerksam hinsahen:
Mehr über Adnan Oktar:
https://www.psiram.com/ge/index.php/Adnan_Oktar
Aus dem Elternhaus werden auch manche Vorstellungen vermittelt. Je nach Herkunftsland ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Eltern kreationistische bzw. islamische Herkunftslegenden stärker gewichten als wissenschaftliche Sichten, unterschiedlich hoch. Hier wurde das einmal betrachten, ab S. 132:
http://www.pewforum.org/files/2013/04/worlds-muslims-religion-politics-society-full-report.pdf
Die in Deutschland verbotene Hizb ut Tahrir äußert sich in Großbritannien (wo sie eine Partei darstellt) so zu der Sachlage:
„This theory has been around for many decades and most Muslim scholars and intellectuals, accepted that it had no place within Islam as it contradicts clearly stated texts within the Qur’an, yet this theory has raised its ugly head again and this time it is being used to tell Muslims that at the least this must be an acceptable theory within Islam and at the most that it must be accepted as the narrative of Adam’s (as) creation.“
http://www.hizb.org.uk/current-affairs/the-politics-of-evolution
Marcel Krass und Pierre Vogel haben dazu natürlich auch eine Meinung:
Man beachte auch im letzteren Video die grandiose Eigensicht. Es werden übliche Argumente vorgetragen, denen man entgegnen können sollte. Vogel hat grundlegende Prinzipien und die Mittelstufenchemie schon nicht verstanden und hält diese seine Unkenntnis für den maximal erreichbaren Durchdringungsgrad.
Lehrer sollten also die kreationistischen Quellen und Argumentationslinien kennen und sich argumentativ wappnen. Das ist nicht nur relevant, um den jungen Menschen einen Weg in die Wissensgesellschaft zu ebnen und leichter zu machen, sondern bestimmt auch deren Selbstbild und Fremdbild. Letztlich wirkt es auch auf ihre Gesellschaftssicht. Spätestens dann geht es uns alle an, wenn das in eine islamistische Haltung mündet und Grundlage ist für eine gruppenbezogene Menschenabwertung.