Öffentliche Gelder für beobachtete Bochumer Moschee?

Ein im Februar veröffentlicher Blogbeitrag über Muslimbrüder beim Islamischen Kulturverein Bochum (IKV) hatte einige Diffamierungen zur Folge. Die Fakten aber wurden vom NRW-Verfassungsschutz bestätigt. Trotzdem unterstützt eine Mehrheit der Bochumer Ratsfraktionen den IKV auch weiterhin.

Islamischer Kulturverein Bochum

Im Februar wurde auf diesem Blog darüber berichtet, dass der Islamische Kulturverein Bochum (IKV) wiederholt Veranstaltungen mit Akteuren aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft durchgeführt hat. Belegt war dies dadurch, dass auf den Ankündigungsplakaten hochrangige Muslimbrüder zweifelsfrei identifiziert werden konnten.

Wie in derlei Fällen üblich, wurde parallel zur Veröffentlichung des Blogbeitrages eine entsprechende Pressemitteilung verschickt, die sich insbesondere an Bochumer Medien, aber auch solche im Rest von Nordrhein-Westfalen richtete. Enttäuschend war jedoch, dass weder die großen Blätter noch die Bochumer Medien den Fall aufgegriffen haben.

Politiker reagierten ebenfalls nicht. Die einzige Ausnahme war eine Bochumer AfD-Landtagsabgeordnete, die eine Kleine Anfrage an die Landesregierung stellte, wie diese den IKV einschätzt. Parallel dazu stellte ihre Fraktion eine Berichtsanfrage für den Innenausschuss.

Fakten durch den Verfassungsschutz bestätigt

Die im März von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) verfasste und auf den Erkenntnissen des Landesverfassungsschutzes basierende Antwort bestätigte die in meinem Blogbeitrag aufgeführten Fakten eindrucksvoll: „So wird der Verein auch als Anlaufstelle für Personen mit Bezügen zu beobachteten islamistischen Bestrebungen bewertet. Hierzu gehören neben salafistischen Bestrebungen vor allem Aktivitäten aus dem Spektrum der Muslimbruderschaft, zum Beispiel durch Auftritte von Referenten aus deren Umfeld, welche bereits mehrfach in der Khaled-Moschee des IKV festgestellt wurden.

Unmittelbar nach Reuls Antwort griffen am 22. März auch jene großen Medien den Vorgang auf, die meine Pressemitteilung ursprünglich ignoriert hatten und berichteten über die Muslimbrüder in der Khaled-Moschee sowie deren Beobachtung durch Staats- und Verfassungsschutz. Dabei bezogen sie sich jedoch nicht auf meine Recherchen, sondern betonten, dass eine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion diese Erkenntnisse hervorgebracht habe.

ZMD-Mitgliedsgemeinde bestreitet Nähe zur Muslimbruderschaft

Der IKV reagierte reflexhaft und veröffentlichte nur einen Tag später eine Pressemitteilung. Darin war von „Vorwürfen der AfD-Fraktion im NRW-Landtag, die maßgeblich auf Informationen einer selbsternannten Islam-Expertin basieren“ die Rede. Die Nähe zur Muslimbruderschaft wies der IKV „aufs Schärfste zurück“. Weiter hieß es: „Dass die AfD durch das Schüren von Ängsten und der Verbreitung von Islamophobie in der deutschen Gesellschaft, versucht, diese zu spalten, möchten wir nicht zulassen. Die selbsternannte ‚Islam-Expertin‘ Sigrid Herrmann-Marschall wird für ihre pauschalen Äußerungen über den Islam schon länger kritisiert.“ Auf die Beobachtung durch den Staats- und den Verfassungsschutz und die Begründung dafür ging der IKV in seiner Mitteilung jedoch mit keinem einzigen Wort ein.

Eine Woche später meldete sich Samir Bouaissa, nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender des Zentralrats der Muslime Deutschland (ZMD) auf dem Internet-Portal islam.de zu Wort. „Wir begrüßen die Stellungnahme des Islamischen Kulturzentrums Bochum, die erneut eine klare Abgrenzung zu allen radikalen Kräften macht und die von der AfD erhobenen Vorwürfe deutlich entkräftet.“ Das vom ZMD-Vorsitzenden Aiman Mazyek mitgegründete islam.de wies dabei auch darauf hin, dass der IKV eine Mitgliedsgemeinde des ZMD sei.

Bouaissa appelliert zudem an die zuständigen Behörden sich ‚durch dieses rechtstaatlich höchst zweifelhafte Vorgehen nicht weiter von der AfD treiben zu lassen und wie hier in Bochum jahrzehntelange gute sowie erfolgreiche Zusammenarbeit in der Kommune einfach über Bord zu werfen. Sowohl Gemeinden als auch Referenten sind ausschließlich an ihren Handlungen und Aktivitäten zu messen'“, hieß es bei islam.de weiter. Eine Aussage, die mehr schlecht als recht verbirgt, wie sehr IKV und ZMD offenbar durch die Presseberichterstattung über die Beobachtung durch den Verfassungsschutz aufgeschreckt wurden.

Lokale Politik schweigt

Ahmad Aweimer, Sprecher des IKV sowie Dialogbeauftragter des ZMD, bezeichnete mich in einer Bochumer Studentenzeitung als den „zentralen Auslöser für die Vorwürfe“. Von der lokalen Politik gab es zu diesem Zeitpunkt keine Reaktionen..

Der Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die Nachricht von der Beobachtung durch den Verfassungsschutz genau zu einem Zeitpunkt kam, zu dem über die Finanzierung einer neuen Gebetsstätte des IKV diskutiert wurde. Erst rund zwei Wochen zuvor hatte die WAZ berichtet, dass der Moschee-Betrieb des IKV „voraussichtlich im Sommer von der Querenburger Straße (Sitz der Khaled-Moschee, Anm. d. Autorin) in Altenbochum in ein Gewerbegebiet an der Castroper Straße“ verlegt werden soll. „Seit Jahren sorgen die Freitagsgebete des Islamischen Kulturvereins für Unmut“, erläuterte die WAZ den Hintergrund der Planungen.

Das kostet jedoch Geld. „Die Stadt will die Erschließung vorfinanzieren, ein Viertel der etwa 650.000 Euro über eine monatliche Zahlung umlegen und die restliche Summe schließlich in den Kaufpreis einrechnen„. berichtete die WAZ am 27. Juni darüber.

Die grundsätzlich positive Haltung der Stadt dazu zeichnete sich bereits 2016 ab, als Ulf Dannehl, Referent des Bochumer Oberbürgermeisters Thomas Eiskirch (SPD), der WAZ sagte: „Uns geht es keinesfalls darum, die Moschee zu schließen, denn wir haben eine hohe Wertschätzung gegenüber der Arbeit, die dort geleistet wird.

Öffentlichkeit bei Abstimmung ausgeschlossen

Über die entsprechende Verwaltungsvorlage wurde nunmehr am 11. Juli in einer Sitzung des Bochumer Stadtrates abgestimmt. Auffällig dabei war, dass die Abstimmung im nichtöffentlichen Teil der Sitzung stattfand.

Auf Nachfrage teilte ein Stadtsprecher rund eine Woche später mit, dass der entsprechende Tagesordnungspunkt mehrheitlich angenommen wurde. Die Frage nach dem Abstimmungsverhalten der einzelnen Fraktionen beantwortete er jedoch nicht: „Das Abstimmungsverhalten einzelner Fraktionen bleibt nichtöffentlich“, hieß es dazu. Und auch zu der Frage hinsichtlich der Details der Vereinbarung teilte er nichts mit: „Die Vertragskonditionen mit den Maßnahmen zur Umsetzung wurden aus Gründen des Datenschutzes und zum Schutz des Vertragspartners im nichtöffentlichen Teil vorgestellt“, sagte der Sprecher wörtlich.

Da die SPD-Fraktion im Bochumer Stadtrat jedoch nur über 31 von insgesamt 84 Sitzen verfügt, müssen neben der SPD auch andere Fraktionen für die Vereinbarung mit dem IKV gestimmt haben. Welche, war jedoch nicht in Erfahrung zu bringen.

Lokale Politik fördert Unterwanderung

Warum die Konditionen bei der Unterstützung eines derart problematischen Vereins zu dessen Schutz vertraulich sein sollen, ist jedoch unverständlich. Logischer erscheint, dass nicht öffentlich darüber diskutiert werden soll, warum die lokale Politik einen solchen Verein fördert. Und wie viel Geld aus der Steuerkasse dafür aufgewendet wird. Dass Einrichtungen, die derart klar wie eine Einrichtung der Muslimbruderschaft auftreten, eine Unterstützung aus der Politik erhalten, ist ebenso unverständlich wie verantwortungslos. Wie wollte man das auch erklären?

So werden öffentliche Mittel an Strukturen vergeben, die ganz offensichtlich eine Doppelstrategie verfolgen, sogar die Konditionen unterliegen der Geheimhaltung; der Bürger soll nicht erfahren, wen und in welcher Höhe er mit seinem Geld nach vorne bringt. Dass die lokale Politik so Unterwanderung fördert, ist offensichtlich. Im Sinne von unter Beobachtung stehenden Vereinen selber intransparent zu agieren, beschädigt das Vertrauen der Menschen in die Politik nachhaltig. Die Bochumer Lokalpolitik scheint den lokalen problematischen Akteuren mehr zu glauben als dem eigenen Verfassungsschutz.

Die Vergabe öffentlicher Mittel steht jedoch immer einer Überprüfung offen: der zuständige Rechnungshof kann eine solche Mittelverwendung prüfen und sollte dies auch tun. Was spätestens nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom März letzten Jahres für Finanzämter gilt, kann auch hier nicht statthaft sein.

Organisationen, die extremistischen Strukturen so klar zuzuordnen sind, dass sie wegen dieser Betätigung unter Beobachtung stehen, dürfen keine öffentlichen Mittel gewährt werden. Es läuft auch einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung zuwider. Darin hatten SPD und CDU/CSU vereinbart, solche Förderungen einzustellen. Das mag für den einen oder anderen Politiker der unteren Ebenen nicht als bindend betrachtet werden; Bürger fragen sich jedoch sicher, was denn die Motivation ihrer politisch Verantwortlichen gewesen sein mag, so zu handeln.

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