Muslimbruderschaft: Europäischer Rat der Imame gegründet

Die Muslimbruderschaft ist in Europa in verschiedenen transnationalen Strukturen organisiert. Deutsche Akteure sind in diesen Gremien regelmäßig vertreten. Ende November trafen sich in Paris Vertreter aus 20 europäischen Ländern, um eine weitere Organisation zu gründen. Diese könnte dazu dienen, sich als europäische Stimme der Muslime zu präsentieren.

Einige Organisationen, die von der Muslimbruderschaft dominiert werden, wie das European Council for Fatwa ans Research (ECFR) oder die Federation of Islamic Organizations in Europe (FIOE), sind in den letzten Jahren öffentlich bekannter geworden. Beide bestehen zwar über zwanzig Jahre, wurden aber jenseits von Fachkreisen wenig wahrgenommen, was sich seit einiger Zeit ändert. Zuletzt fand Mitte des Jahres eine neuere Aktivität, nämlich eine „Fatwa-App“, den Weg in die Medien und führte zu Kritik durch den Verfassungsschutz.* In der Presse wurde der Übergriff auf die Lebenswelt junger Muslime nachfolgend weiter thematisiert und fand sogar als Anfrage den Weg in das EU-Parlament.

Derlei Kritik und Aufmerksamkeit könnte zu Überlegungen geführt haben, wie man auf europäischer Ebene wieder etwas verdeckter agieren kann. So ist die Internetseite des ECFR www.e-cfr.org nicht mehr verfügbar und leitet nur noch auf einen Mail-Kontakt. Im Webarchiv sind die alten Seiten jedoch weiterhin einsehbar und auch die Facebook-Seite der Organisation ist noch verfügbar und wird auch weiterhin mit Inhalten versehen.***

Auf einem Treffen in Paris Ende November wurde nunmehr ein neuer Zusammenschluss bekannt gegeben, sinngemäß etwa ein „Europäischer Rat der Imame“ (European Council of Imams“, ECI oder EC4Imams). Auf dem Bild der Gründungsteilnehmer, die der Vorsitzende des Rats der Imame und Gelehrten in Deutschland (RIGD)**, Taha Amer, veröffentlichte, sind neben diesem weitere bekannte Gesichter zu sehen:

Belegbild: Facebook-Seite von Taha Amer, Abruf 28.12.2019

Mit der roten Krawatte etwa mittig auf der Aufnahme zu sehen ist Samir Falah, ehemaliger Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland bzw. Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (IGD/DMG) und nun Präsident der FIOE. Auch der Generalsekretär des ECFR, Hussain Halawa, ist mit von der Partie. In der letzten Reihe, dritter von links, steht Khaled Hanafy, Vorsitzender des deutschen ECFR-Ablegers und Dekan des Frankfurter Europäischen Instituts für Humanwissenschaften (EIHW). In der vorderen Reihe, vierter von rechts, neben den Frauen, scheint der Offenbacher und ehemalige RIGD-Vorsitzende Ahmad Holeil El-Saidi zu sitzen. Mit El-Saidi, Amer und Hanafy sind also gleich drei Akteure aus Hessen mit dabei. Mindestens eine der Frauen scheint schon 2011 auf einer Kader-Reise deutscher Akteure zu Al-Qaradawi, einem betagten Vordenker der Muslimbruderschaft und ehemaligem ECFR-Vorstzenden teilgenommen zu haben. Nach eigenen Angaben waren Vertreter aus über 20 europäischen Ländern anwesend.

Präsident des neuen Gremiums soll wohl der Norweger Kamal Amara sein.**** Auch ein Kuratorium soll es dem Anschein nach geben. Dessen Präsident wiederum soll wohl Wajih Saad Hassan werden, der Vorsitzende des italienischen Rats der Imame.*****

Einen Facebook-Auftritt hat der „Europäische Rat der Imame“ auch bereits.

Diese Neubildung könnte weiterhin den Sinn haben, eine auf „Einzelpersonen“ basierende Parallel-Organisationsstruktur zu haben, sollten bestimmten Organisationen einmal mehr Betätigungsverbote drohen. Gegen Einzelpersonen sind Betätigungsverbote nicht so leicht zu verhängen.

Durch die Vielzahl der Strukturbildungen sollen dem Anschein nach nicht nur vielfältige Austauschformen ermöglicht werden, sondern auch eine religiös konnotierte politische Infrastruktur geschaffen werden, die robust gegen regilierende Maßnahmen europäischer Gesellschaften ist. Die Muslimbruderschaft denkt und plant langfristig. Gegen solche Generationenprojekte sind die EU und auch Deutschland nicht ausreichend gewappnet.

 

 

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Die App ist weiterhin verfügbar:im Google Play Store.

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Der RIGD wird seit Jahren in Verfassungsschutzberichten erwähnt, so auch im aktuellen Bericht für 2018 auf Seite 180.

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Bemerkenswert bei den aktuellen Inhalten ist, dass der Präsident der türkischen Diyanet, Ekrem Keles, als Kontaktadresse für eine bis 20.12.2019 gelaufenen Umfrage des ECFR angegeben ist.

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Der neue Präsident Kamal Amara ist auch Mitglied der FIOE bzw. war Teil einer Delegation, die im März 2019 in Neuseeland nach dem Attentat von Christchurch Grüße überbrachte:

Belegbild: Facebookseite Kamel Amara, Abruf 28.12.2019, geteilt von Amara am 23.03.2019

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Facebook-Seite der italienischen Sektion

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