Mönchengladbach: Grünen-Stadtrat führt in die Irre

Ein vier Monate alter Artikel über die Bezüge eines Grünen-Stadtrats sowie seines Vereins zur Hizbollah-nahen Amal-Bewegung sorgte letzte Woche in Mönchengladbach für hitzige Debatten. Gegen manche Darstellung, die dabei kursierte, sprechen jedoch schlicht die Fakten.

Als im November 2020 auf dieser Seite erstmals über die Bezüge des Mönchengladbacher Grünen-Ratsherrn Nasser Zeaiter, der kurz zuvor auch zum Vorsitzenden des dortigen Integrationsrates gewählt wurde, sowie über die des von ihm mitgegründeten al-Ghadir-Vereins zur Terror-Organisation Hizbollah berichtet wurde, rief dies vor Ort keinerlei Reaktionen hervor. Lediglich im Düsseldorfer Landtag forderten der CDU-Abgeordnete Gregor Golland sowie die AfD-Fraktion Aufklärung. Die Forderung des CDU-Abgeordneten, die Stadt Mönchengladbach über die Hintergründe aufzuklären, wurde wenige Wochen später durch ein Gespräch von Landesverfassungsschutz-Chef Burkhard Freier mit dem Mönchengladbacher Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) erfüllt. Die AfD-Landtagsfraktion hingegen richtete einen schriftlichen Berichtswunsch an die Landesregierung. Danach wurde es wieder ruhig um das Thema. Die fachpolitischen Sprecher von SPD, FDP und Grünen im Landtag, die von der Autorin ebenfalls über die Hintergründe in Kenntnis gesetzt wurden, zeigten an dem Sachverhalt kein Interesse.

Erst als der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) auf den Berichtswunsch hin offenbaren musste, dass der al-Ghadir-Verein dem Verfassungsschutz wegen Bezügen zur libanesischen Amal-Bewegung bekannt sei, die wiederum zum Hizbollah-Spektrum gehöre, regte sich in Mönchengladbach erste Medienberichterstattung. Da die Presse jedoch zumeist nur Nasser Zeaiter selbst zu Wort kommen ließ, nutzte der dies dazu, seine Treffen mit dem Hizbollah-Geistlichen Muhammad Hussein Fadlallah, der von den USA bis zu seinem Tod als „Special Designated Global Terrorist“ eingestuft wurde, unwidersprochen als rein religiös und familiär motiviert darzustellen. Die meisten Politiker in Mönchengladbach gaben sich mit dieser Erklärung sofort zufrieden. Lediglich die Junge Union kaufte Zeaiter dies nicht ab und thematisierte weiter dessen Hizbollah-Bezüge.

Die Debatten eskalieren

In der letzten Woche aber eskalierten die Debatten in Mönchengladbach: Am Dienstag gab Nasser Zeaiter gegenüber dem Mönchengladbacher Integrationsrat eine lange Erklärung ab. Darin verharmloste er seine Treffen mit Hizbollah-Geistlichen erneut mit familiären und religiösen Motiven und bezeichnete die Darstellung der Autorin als „haltlos“. Die Einordnung des al-Ghadir-Vereins durch Landesregierung und Verfassungsschutz gab er falsch wieder. Dass sich der Verfassungsschutz zu ihm selbst auch deshalb nicht geäußert hatte, weil Behörden aufgrund von Persönlichkeitsschutzrechten engere Grenzen gesetzt sind als Journalisten und anderen Publizisten, verschwieg er. Stattdessen stellte er die Situation so dar, als verfüge der Verfassungsschutz über keine ihn oder den al-Ghadir-Verein betreffenden Erkenntnisse. Nach dem Ende der Integrationsrats-Sitzung kündigte er an, die Grünen-Fraktion im Stadtrat zu verlassen, sein Ratsmandat aber behalten zu wollen. Seinen Verbleib im Amt des Integrationsrats-Vorsitzenden wolle er von der Vertrauensfrage abhängig machen.

Das rief mehrere politische Reaktionen hervor: Die Junge Union preschte erneut nach vorne und erinnerte dabei auch daran, dass Zeina Wehbe, Zeaiters langjährige Stellvertreterin im al-Ghadir-Verein, zwischenzeitlich auch zur 2. Stellvertretenden Vorsitzenden des Integrationsrates gewählt wurde. Die Grünen-Fraktion hingegen forderte Zeaiter lediglich zur Rückgabe seines Ratsmandates auf und hatte dabei sogar noch die Chuzpe, ihn für seine „Bemühungen zur Aufklärung“ zu loben.

Gleichzeitig schlug sich ein lokales Internet-Portal immer fanatischer auf die Seite von Nasser Zeaiter, stellte seine Ausflüchte als Tatsachen dar und bestritt dreist die Existenz der vorliegenden Belege (hier und hier). Als diese (Falsch-) Berichterstattung jedoch nicht mehr verfing, weil im weiteren Verlauf der Woche immer mehr lokale Politiker bei der Autorin um Einsicht in das Material nachfragten und diese natürlich auch bekamen, verlegte sich das Internet-Portal auf das Werfen von Schmutz.

Das dürfte Nasser Zeaiter jedoch auch nicht mehr helfen. Denn selbst wenn die Dinge, die dieses Portal jetzt mit Hilfe von Links, von denen mehrere zu in Teilen justiziablen Inhalten führen, zu suggerieren versucht, tatsächlich so zutreffen würden, so würde auch das nichts an den Facebook-Beiträgen von Nasser Zeaiter ändern oder dessen Bezüge zur Hizbollah weniger verwerflich machen. All das sind gute Gründe, die Bezüge und Verwerfungen dieser Causa noch einmal von Anfang an genau zu beleuchten.

Der Verein

Der al-Ghadir-Kulturverein in Mönchengladbach wurde 1999 eingetragen und 2005 in das elektronische Vereinsregister überführt. Seit dieser Zeit ist Nasser Zeaiter dessen Vorsitzender. Andere Personen mit demselben Nachnamen nehmen weitere Funktionen im Verein ein. Zeina Wehbe war von 2007 bis 2018 stellvertretende Vereinsvorsitzende. Als Beleg dazu ein aktueller Auszug aus dem Vereinsregister:

Belegbild: Vereinsregister, Ausdruck 24.02.2021

Über den Verein heißt es im Bericht von Herbert Reul wörtlich: „Bei dem angesprochenen al-Ghadir-KuIturzentrum handelt es sich um eine schiitische Moschee in Mönchengladbach. Die Moschee ist dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit Bezügen zur libanesischen Amal-Bewegung bekannt. Die Amal-Bewegung ist eine schiitische extremistische Partei, die zwar eher weltlich orientiert ist, aber auch Kontakte zur islamistischen Hizbollah hat.“

Die vom Landesinnenminister genannten Bezüge des Vereins zur Amal-Bewegung lassen sich unter anderem an den von Nasser Zeaiter veröffentlichten Bildern nachvollziehen. So fanden 2016 Treffen mit dem damaligen libanesischen Minister Ghazi Zeaiter statt, als dieser Deutschland besuchte.

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 16.11.2020

Ghazi Zeaiter ist ein Abgeordneter der Amal-Partei. Er selber hat schon behauptet, die Hizbollah sei keine Terror-Organisation. 2019 geriet Ghazi Zeaiter in der Schweiz wegen des unklaren Verbleibs von Waffen in die Kritik und letztlich wurden wegen dieses Vorgangs die Schweizer Waffen-Exporte gestoppt. Seit Ende 2020 steht eine derzeit ausgesetzte Befragung des Ministers an, in der es um eine mögliche Fahrlässigkeit im Amt hinsichtlich der großen Explosion im Hafen von Beirut im August letzten Jahres geht. Bei der Versammlung im Jahr 2016 war auch Nasser Zeaiter mit dabei und trug, ebenso wie Ghazi Zeaiter, den grünen Schal der extremistischen Amal-Bewegung:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 16.11.2020

Auch als Ghazi Zeaiter 2019 wieder in Deutschland war, reiste Nasser Zeaiter nach Berlin, um ihn dort zu sprechen:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 13.11.2020

Und zumindest bis gestern noch gefiel dem Vereinsvorstand Nasser Zeaiter die Amal-Bewegung auch auf Facebook. Hier rechts im Screenshot von Nasser Zeaiters Facebook-Seite das Logo, das auch auf den Schals bei der oben genannten Konferenz zu sehen ist:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 20.03.2021

Der Vorsitzende

Nasser Zeaiter hat seine Betätigungen abseits der Mehrheitsgesellschaft gegenüber seiner Community auf seiner Facebook-Seite seit 2011 dokumentiert und dabei auch Bilder älteren Datums gepostet. Die bislang öffentlich diskutierten Nachweise hinsichtlich seines Besuchs bei Muhammad Hussein Fadlallah hat er in seinen Stellungnahmen damit erklärt, dass er nur auf Wunsch seiner Mutter hin eine Privataudienz bei dem seinerzeit wichtigsten Hizbollah-Vordenker erwirkte. Das war 2008. Es handelt sich um dieses Bild:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 13.11.2020

Zu sehen sind neben Fadlallah Nasser Zeaiter Männer, die er gegenüber der Mönchengladbacher Presse als seine Brüder sowie einen Neffen bezeichnete. Mindestens einer der Brüder, seien es nun biologische oder spirituelle, ist auch immer wieder auf Fotos des Vereins zu sehen. Es ging, so die Einlassung Zeaiters, um eine religiöse Frage zum Testament, da seine Mutter kurz zuvor verstorben sei. Damit sind aber seine weiteren Besuche bei dem Hizbollah-Terroristen nicht erklärt. So hatte er bereits 2007 eine solche Privataudienz:

[siehe Richtigstellung/Korrektur im update]

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 16.11.2020

Und auch da ist wieder ein Mann mit dabei, der auf Bildern von Aktivitäten des al-Ghadir-Vereins ebenfalls zu erkennen ist (siehe unten von 2019). Ob Nasser Zeaiters verstorbene Mutter auch gewünscht hatte, dass er noch 2013 die Gedenkstätte von Muhammad Hussein Fadlallah aufsucht, ist nicht bekannt, wäre aber ebenfalls lebensfern und wenig glaubhaft:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 13.11.2020

Und bis gestern noch gefiel Nasser Zeaiter dieser geistige Führer der Hizbollah, der anderen, wie etwa den USA, als globaler Terrorist galt, auch auf Facebook:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 20.3.2021

Der Sohn des offensichtlich von ihm sehr verehrten Muhammad Hussein Fadlallah, Ali Fadlallah, besuchte 2019 den al-Ghadir-Verein. Auf seiner Deutschland-Reise wurden einige ausgewählte schiitische Gemeinden aufgesucht. Veranstalter war der Verein Mabarrat Berlin, dessen Mutter-Organisation Ali Fadlallah im Libanon vorsteht. Deren Konten wurden eingefroren, nachdem die USA diese als Hizbollah-Unterstützer-Organisation eingestuft hatten. Hier ein Foto von der Veranstaltung 2019 in Mönchengladbach:

Belegbild: Mitte Ali Fadlallah, 2.v.l. Nasser Zeaiter im al-Ghadir Verein 2019, rechts der Vereinskumpan, der auch oben auf dem Bild von 2007 zu sehen ist, Facebook-Seite Al Ghadir, Abruf 16.11.2020

In seinen Darstellungen verweist Zeaiter auf die armen Waisenkinder im Libanon. Das sind sie sicherlich, aber das Geld vieler solcher Projekte landet eben nicht bei den Waisen, sondern bei der Hizbollah. In Deutschland, auch in NRW, wurden in den vergangenen Jahren mehrere Vereine von Libanesischstämmigen verboten, die vorgaben, Waisenkinder im Libanon zu unterstützen. Auch ein Nachfolgeverein einer dieser Organisationen wurde bereits verboten. Dass Spendensammlungen für Waisenkinder oftmals nur ein Vorwand sind, wissen die deutschen Innenbehörden schon lange. Leider zeigt auch dieser Fall erneut, dass die Berichte der Innenbehörden, die ja in erster Linie für Politiker zu deren Information verfasst sind, von diesen vor Ort jedoch viel zu wenig gelesen werden.

Aber zurück zu Nasser Zeaiter: Auch andere Hizbollah-Größen findet er offensichtlich so gut, dass er auf seiner Facebook-Seite Selfies mit ihnen postete. So traf er etwa, laut seiner eigenen Darstellung „zufällig“ in einer Buchhandlung, Muhammad Yazbek (verschiedene Schreibweisen). Das ist dieser Herr hier:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 22.11.2020

Auch dieser Mann gilt als Terrorist, etwa hier. Auf einer Seite über Hizbollah-Funktionäre gibt es weitere Informationen zu ihm. In der FAZ wurde er 2012 als „mächtigster Mann der Hizbollah der Bekaa-Ebene“ beschrieben, dessen Familie auch in Waffengeschäfte verwickelt sei. Das ist die Herkunftsregion von Nasser Zeaiter. Yazbek fiel auch schon MEMRI auf, weil er die Zerstörung Tel Avivs angedroht hatte. Gegenüber der Rheinischen Post hatte Nasser Zeaiter auf Nachfrage bereits eingeräumt, ihn getroffen zu haben. Nur muss man einen so wichtigen Hizbollah-Führer ja auch erst einmal unter den sonstigen Kunden einer Buchhandlung bei einem angeblichen Iran-Urlaub erkennen, wenn man denn schon die sonstigen Angaben seiner Geschichte glaubt.

Das widerrief er dann allerdings später in einer anderen Stellungnahme. Zuletzt behauptete Zeaiter, das sei jemand anderes, ein „Hochgelehrter“ namens Muhammad Ali Schirazi. Nun gibt es in der Schirazi-Familie einige bekanntere Theologen. Doch die sehen dem Mann auf dem Bild entweder nicht ähnlich, da sie dafür unter anderem zu jung sind. Oder sie sind bereits tot. Da könnte man doch mal ein anderes Bild des fraglichen Herrn vom Stadtrat erfragen; von einem „Hochgelehrten“, also den, den er meint, gibt es doch sicher mehr öffentliche Bilder und auch er muss ihn ja sofort erkannt haben. 

[siehe Richtigstellung/Korrektur im update]

Verhältnis zu Israel

Hier posiert Nasser Zeaiter vor Karten von „Palästina“, auf denen diese so benannte Region, das britische Mandatsgebiet, über die Jahre verschwindet. Eine klassische antizionistische Darstellung, die die Geschichte des Nahen Ostens verfälscht und die man durchaus als Antisemitismus sehen kann:

Belegbild: Facebook-Seite von Nasser Zeaiter, Abruf 16.11.2020

Solche Darstellungen in Kartenform werden auch immer wieder im Rahmen von sogenannten „Nakba-Ausstellungen“ propagiert. Auch in Mönchengladbach wurden diese Karten schon einmal gezeigt, und zwar am Abend des 18. Oktober 2013, als Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas in der dortigen Kaiser-Friedrich-Halle empfangen wurde. Dass Nasser Zeaiter diese Bilder nur zwei Tage später gepostet hat, legt die Vermutung nahe, dass sie bei diesem Anlass aufgenommen wurden. Und dabei dürfte es wohl kaum Zufall gewesen sein, dass er ausgerechnet vor diesen Karten posiert hat.

Im Verfassungsschutzbericht des Landes Thüringen von 2019 wird auf Seite 74 sogar explizit auf den Antisemitismus der Amal-Bewegung hingewiesen: „In der Folgezeit lässt sich bei zahlreichen islamistischen Organisationen antisemitische Agitation feststellen, die so weit geht, dass das Existenzrecht Israels negiert und die Vernichtung Israels gefordert werden (u. a. Amal-Bewegung, Palästinensischer Islamischer Jihad, Hizbollah, Hamas, al-Qaida, Islamischer Staat).“ Offenbar hat der damalige Empfang von Mahmud Abbas in der Kaiser-Friedrich-Halle auch so einige Personen angelockt, die das ähnlich sehen.

Dass solche Aktivitäten auch hinsichtlich einer gewünschten Einbürgerung Konsequenzen haben können, ist den Unterstützern solcher Aktivisten meist nicht klar. Exemplarisch hier ein Urteil aus Baden-Württemberg mit vielen Erläuterungen, aus dem hervorgeht, dass Aktivitäten in solchen Kreisen einer Einbürgerung in Deutschland sehr wohl entgegenstehen können.

Der Clan

Ob Nasser Zeaiter in den Mönchengladbacher Clan-Strukturen eine Rolle spielt, ist aus öffentlich zugänglichen Quellen nicht feststellbar (siehe update). Einige allgemeine Erläuterungen zu den Clans in der Bekaa-Region im Libanon, darunter auch dem Zeaiter-Clan, finden sich hier. Nachdem es im letzten Juni im Mönchengladbacher Stadtteil Eicken Auseinandersetzungen auf offener Straße gab, erfolgte ein Schlichtungsversuch. Von den Zusammenstößen gibt es auf dem Twitter-Kanal des Szene-Kenners Ahmad Omeirate Videos, die er mit den Worten kommentiert: „Im Libanon sorgt die Hizbollah-Miliz, die vom Iran unterstützt wird, zurzeit für massive Konflikte in der Bevölkerung. Diese Auseinandersetzungen zwischen Hizbollah-Gegnern und Unterstützern reißen auch alte Wunden unter Sunniten und Schiiten auf, wie heute (in) Mönchengladbach.“ Medien und auch Mönchengladbacher Sicherheitskreise sprechen allgemein von vorhandenen Clan-Strukturen.

Die Stadt

Wie bereits erwähnt, wurde Oberbürgermeister Felix Heinrichs bereits im Dezember durch Landesverfassungsschutz-Chef Burkhard Freier über die Hintergründe informiert. Auch dies war dem Bericht von Innenminister Herbert Reul zu entnehmen. Dieses Gespräch soll sich um die Einbindungen des al-Ghadir-Vereins gedreht haben. In vertraulichen Gesprächen können aber, worauf allgemein im Bericht hingewiesen wird, auch Angaben zu Personen erfolgen. Also das, was der Verfassungsschutz in öffentlichen Stellungnahmen nur in begründeten Einzelfällen darf und in diesem Fall wohl nicht durfte. Der Umstand, dass Freier dazu eigens aus Düsseldorf anreiste, lässt vermuten, dass es jenseits der öffentlich zugänglichen Informationen weitere relevante Inhalte gab, etwa personenbezogene Informationen, die intern besprochen werden konnten und mussten. Und jetzt rücken die CDU über ihre Jugendorganisation, die SPD über OB Heinrichs und letztlich auch selbst die Grünen mit ihrer Forderung nach Mandatsverzicht von Nasser Zeaiter ab. Das ist sicher keine Maßnahme, die leicht fiel und die daher sicher wohlabgewogen und nach Prüfung des Sachverhalts folgerichtig war.

Dieser Schritt rief jedoch den Protest einiger Personen aus der Stadtgesellschaft hervor, die Nasser Zeaiter länger, jedoch nur oberflächlich kennen, aber nie Interesse an seinen Einbindungen hatten und diese auch nicht einschätzen können. Sie sehen Zeaiter als Opfer, so wie sich dieser auf seiner Facebook-Seite selbst als Opfer stilisiert, und machen sich dessen Darstellungen völlig zu eigen. Diese Personen wollen Zeaiter als Leidtragenden parteiinterner Intrigen und politischer Machtkämpfe sehen. In deren öffentlichen Stellungnahmen ist viel die Rede von ihren persönlichen Eindrücken, bis hin zu der Meinung, dass man diese höher bewerten sollte als die Einordnung durch Experten.

Nun, würden Menschen nie getäuscht und täuschten sie sich nie selber, so gäbe es wohl keine Ehescheidungen. Und in solchen Beziehungen kommen sich Menschen sehr viel näher als bei einem zweistündigen Gespräch oder gelegentlichen gemeinsamen Sitzungen. Ein Eingeständnis, sich vielleicht getäuscht zu haben oder getäuscht worden zu sein, wird gerne vermieden, indem die entsprechenden Fakten abgetan werden. Und so gehen manche bereits dazu über, zu behaupten, es gebe die Belege ja gar nicht, obwohl sie ihnen zugegangen sind und sogar telefonisch erläutert wurden. Die Schwelle zur interessengeleiteten Lüge wird sehr schmal, wenn trotz Zugangs und trotz Erläuterung in öffentlichen Stellungnahmen behauptet wird, es gebe gar keine Hinweise oder sie seien nicht einschlägig, alleine weil sich derjenige nicht damit beschäftigen mag. Belege können faktenorientierte Personen überzeugen – an dem aber, dem seine Imagination besser gefällt als Fakten, prallen sie ab. Man wird auch keinen überzeugen, der fest glauben will, sein gebraucht gekaufter, alter Trabbi sei ein tadellos erhaltener Mercedes und ganz sicher die 30.000 Euro wert, die man ihm für den „Mercedes“ abgeknöpft hat.

Es ist inzwischen der Normalfall, dass genau an dieser Stelle zur Diffamierung der überbringenden Person geschritten wird. Die Autorin hat das beim „Deutsch-Islamischen Vereinsverband“ ebenso erlebt wie vor zwei Jahren bei den Debatten um den Düsseldorfer „Kita-Imam“ und viele andere Male, in denen Einbindungen und Aktivitäten von Islamisten durch sie öffentlich gemacht wurden. Und jedes Mal fanden sich vor Ort bekannte Menschen, die die Islamisten persönlich kennengelernt hatten und die ihren guten Eindruck von ihnen aggressiv verteidigten. Nur ist es nun einmal das Wesen einer Doppelstrategie und von Unterwanderung, dass man die Haltungen, die man zur „eigenen Community“ vertritt, in anderen Kontexten verschweigt. Genau davor warnen die Verfassungsschutzbehörden ja auch immer wieder. Und in fast allen Fällen stellt sich zum Schluss heraus, dass Politiker vor Ort diese Warnungen nicht ernst genommen haben – oder überhaupt nicht kannten.

Worum es geht und worum nicht

Erläuterungen zu jedem einzelnen der Facebook-Postings von Nasser Zeaiter, wie sie etwa in Innenbehörden in Form von Aktenvermerken erfolgen, hätte den Rahmen dieses Beitrages völlig gesprengt. Diese für den Leser dennoch etwas umfassenderen Ausführungen sollen einige der Belege für jene einordnen, die sich nicht mit solchen Aktivitäten beschäftigen und auskennen, aber ein Interesse daran haben, zu verstehen, wie sich solche Einordnungen ergeben. Es geht hier nicht um Meinungen über eine Person, sondern um eigene Handlungen und Haltungen, die manchmal auch aus Bildern deutlich werden. Es geht hier nicht um eine einzelne Aktivität, die vielleicht versehentlich, tatsächlich zufällig oder nur kurz erfolgte. Es geht auch nicht um Fremdbeschreibungen, wie die von unzufriedenen Kunden oder politischen Konkurrenten. Um solche Sachen kümmert sich die Autorin schlichtweg erst gar nicht.

Sondern es geht um etwas, das in dieser Häufung, Konsistenz sowie Dauer weder unwissentlich noch unwillentlich erfolgen konnte und auch nicht besser erklärbar und zuordnungsfähig wäre, wie das der Verfassungsschutz sowie die Autorin getan haben. Und das ist deshalb besonders relevant, weil Integrationsräte Zugang zu öffentlichen Mitteln verschaffen. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass der Mönchengladbacher Integrationsrat dem al-Ghadir-Verein vor Jahren schon einmal entsprechende Gelder bewilligt hat. Gelder, die aus der öffentlichen Hand stammen.

Und es ist auch deshalb relevant, weil die uninteressierte und gleichgültige Hinnahme solcher Aktivitäten oder gar deren Fehlinterpretation als „Integration“ von Muslimen ein völlig falsches Signal gibt. Nicht nur hinsichtlich der Einbürgerung, sondern auch wegen der tatsächlichen Integration. Bei Extremismus darf es keine Doppelstandards geben.

Update 20.4.2021:

1.
Diese Behauptung fusste hier auf der eigenen Zuordnung des Bildes von Nasser Zeaiter  in das Album „Beirut – Libanon mit Ayatollah Al-Sayyed Mohammad H. Fadlullah“. Nasser Zeaiter hat dazu erklärt, dass es sich nicht um Mohammad H. Fadlallah handelt und die Aufnahme auf einer Pilgerreise entstand. Die Bekleidung entspricht einer üblichen Kleidung, wie sie von Gläubigen während der Pilgerreise in Mekka getragen wird. Die Zuordnung zu dem Album ist daher glaubhaft als Irrtum einzuordnen. Die neue Einordnung ist demnach richtig.

2.
Nasser Zeaiter hat nachfolgend Aufnahmen des von ihm benannten, in Deutschland wenig bekannten Gelehrten nachgereicht. Diese Aufnahmen zeigen auch eine frappierende Ähnlichkeit dieses Mannes mit der Person auf dem Bild.  Siehe dazu: Bild des Gelehrten
Zusammen mit der Versicherung, es handele sich um diese Person, kann die Ersteinordnung, die von Nasser Zeaiter getroffen wurde, nunmehr glaubhaft als Irrtum angenommen werden. Die Aufnahme zeigt nicht Muhammad Yazbek.

3.
Nach seinen eigenen Angaben spielt Nasser Zeaiter keine Rolle in einem Clan.

 

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