Projekte an sich wurden entgegen Presseberichten nicht verboten
Koranverteilungsprojekte wie „LIES!“ oder „Siegel der Propheten“ sind in vielen Innenstädten vorzufinden. Stolz präsentiert und dokumentiert wird das meist mit Fotos oder Videos auf der Facebook-Seite „Die wahre Religion“ bzw. der entsprechenden Seite von „Siegel der Propheten“.
Diese Betätigungen sind den Kommunen natürlich wegen ihres bekannten Radikalisierungs-potentials ein Dorn im Auge. Ordnungsämter, Polizei und Verfassungsschutz haben jedoch mit dem Problem zu kämpfen, dass die Aktion als solche, das Verteilen des Korans, als freie Religionsausübung aufgefasst wird (was durchaus mal zu prüfen wäre nach den mittlerweile vorliegenden Erkenntnissen). Sondernutzungen werden daher oftmals erteilt, weil man in fast 5 Jahren es in der Breite nicht schaffte, den Herausforderungen angemessene Sondernutzungssatzungen zu erstellen und man oftmals auch sonst hofft, das Problem werde sich entweder von selbst erledigen oder der Bundesinnenminister werde es schon richten. Die gewerbliche Komponente der LIES-Aktionen wurde – trotz Hinweises – anscheinend als wenig aussichtsreich erachtet.
Ab und an geistert durch die Medien, die Koranverteilungen seien von Kommunen verboten worden. Das war im letzten Jahr der Fall in Wiesbaden, wo der Ordnungsdezernent Franz stolz verkündete, man habe zielführend gegengewirkt:
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/koranverteilung-in-wiesbaden-verboten-13407438.html
Bei genauer Nachforschung stellte sich dann heraus, dass es Bürgerbeschwerden gab, denen man einzeln nachgegangen war. Teilweise hatte man auch den fliegenden Verteilern vorgehalten, sie benötigten eine Sondernutzungssatzung (die sie nicht vorweisen konnten, weil sie halt nicht notwendig ist bei der Art der Betätigung, wie sie in Wiesbaden ausgeübt wurde; andernorts mit richtigen Ständen natürlich schon):
http://www.jurablogs.com/2015/02/04/wiesbaden-ordnungsamt-untersagt-koranverteilung-durch-salafisten
Aktuell rauscht der Hamburger Innensenator durch den Blätterwald; Andy Grote, so geht die Mär vom Hamburger Abendblatt bis hin zur Huffington Post, habe die Koranverteilungen verboten:
Der Focus hat er zwar dezent anders formuliert, kommt aber *auch* zum falschen Schluß bzw. erweckt mit dem Titel falsche Hoffnungen:
„Erstmals stellte der Verfassungsschutz ein behördliches Zeugnis aus, das die engen Verbindungen eines Anmelders zum Dschihadismus nachwies. Der Erkenntnisstand sei verbessert worden, erklärte Grote dem „Hamburger Abendblatt“. „Die Aufklärungstiefe hat zugenommen.“
Da muss man doch einmal beherzt die Schiri-Pfeife nutzen:
Nein. Falsch verstanden.
In Wiesbaden steht man nach wie vor vor dem gleichen Problem, würden sich Bürger nicht beschweren. Keine Beschwerde, keine Handhabe. Wenn die Verteiler denn auftauchten (ein Teil dieser Szene verschwand letztes Frühjahr, wohl in den Süden). Wer nicht da ist, sündigt (hier) nicht.
Auch in Hamburg ist mitnichten die Koranverteilung durch „Siegel der Propheten“ oder „LIES!“ per se unterbunden worden. Nicht DIE AKTION wurde untersagt, sondern es wurde BESTIMMTEN PERSONEN verboten, in dieser Weise zu agieren. Weil es ein behördliches Zeugnis zu den Einbindungen dieser Personen gab. Das ist also personen- und einzelfallbezogen. Zudem ist schlicht die Genehmigung versagt worden; das mag faktisch einem Verbot gleichkommen, ist es aber dennoch nicht ganz. Natürlich unterliegt das Ganze den üblichen verwaltungsrechtlichen Regularien. Das ist zu begrüßen und wichtig, hat aber keine Wirkung über diesen Kreis hinaus. An anderen Orten, bei anderen Personen kann man sicher ähnlich verfahren, hat aber die gleiche Arbeit vor sich: den Einzelnachweis, dass diese Person durch ihre Betätigung z.B. die öffentliche Ordnung stört oder von ihr eine Gefahr ausgeht. Man muss also nüchtern zusammenfassen: Wenn von diesen bestimmten Personen in Hamburg da morgen einer seinen unbescholtenen kleinen Bruder vorschickt, beginnt genau dieses Spiel von neuem.
Insofern hätte man die Überschriften dezenter halten können.