Kaderkinder

Jugendangebote der Muslimbruderschaft in Hessen – Verflechtungen

Die Jugendverbände der muslimischen Gemeinden bieten oftmals ein ganzes Programm an, das bei manchen von Nachhilfe bis hin zu Freizeiten reicht. Ziel ist, nicht nur eine „islamische Identität“ zu schaffen, sondern auch die Jugendlichen im eigenen Verband zu halten. Allgemeines soziales Engagement für die eigene Gruppe, aber auch Heranziehen des organisationseigenen Nachwuchses.  Die Gemeinden sind oft national separiert und richten sich an der Herkunftsnationalität der Eltern aus. Marokkanische Jugendliche gehen in marokkanische Moscheen, Ahmadiyya-Jugendliche zu den Khuddam, Kinder von Muslimbrüdern zu den Jugendunterstrukturen der Muslimbruderschaft. Türkische Jugendliche haben etwas mehr Auswahl (zumindest theoretisch), aber das wird in einiger Zeit wohl auch der Vergangenheit angehören. Könnte man das bei sehr grobem Blick von außen für einen „Markt der Möglichkeiten“ für muslimische Jugendliche halten, lässt man den Aspekt der räumlichen Nähe einmal außen vor, so ist bei näherer Betrachtung der Flow zwischen den Gruppierungen doch gering.

Die Muslimische Jugend in Deutschland (MJD), die länger analog dem Erwachsenenverband Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand oder mancherorts noch steht, bemüht sich seit Jahren, als eigenständiger Verband wahr genommen zu werden. Der Verband ist verhältnismäßig groß und bei Jugendtreffen kommen schon einmal hunderte oder tausende junge Menschen zusammen. Eine kurze, wenn auch schon ältere Zusammenfassung der ideologischen Eckpunkte und der Handlungslinien:

http://www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/36402/jugendorganisationen?p=1

Daraus:

In einem Grundsatzreferat zum Thema dieser IGD-Jahrestagung „Integration statt Ghetto?!!“ hatte Ahmad von Denffer erklärt: „Die Muslime sollten Integration nicht als ‚Teil werden‘ oder ‚Teil sein‘ der Gesellschaft verstehen, sondern als ’sich beteiligen‘ an der Gesellschaft, also von einer passiven zu einer aktiven Rolle finden. Wenn die Muslime ihre eigentliche Aufgabe wahrnehmen, nämlich ihren Mitmenschen hierzulande das Wort Allahs nahe zu bringen und den Menschen zu nützen, dann wird all das, worum man sich ansonsten so sehr bemüht, sich eigentlich von selbst erledigen.“ (10) Die Tatsache, dass man in einer säkularen Demokratie lebe, schreibt Ahmad von Denffer, müsse für die Muslime nur ein Ansporn sein, „sich nach besten Kräften dafür einzusetzen, die Gesellschaft in eine islamgemäße umzuwandeln.

Mittlerweile ist man bei diesen Bemühungen (obiger Artikel stammt aus 2007) weiter vorangeschritten. Zum Einstieg ein Überblick über die Veränderung alleine schon optischer Natur, mehr Bilder, noch weniger (eigene) Namen:

Die alte Webseite:

http://www.muslimische-jugend.de/

Die neue Internetpräsenz:

http://www.mjd-net.de/

Prominent auf der Seite das „Projekt“ „Tea-Time“, das aktuell vom Bundesfamilienministerium unterstützt wird. Schon in der Vergangenheit wurden Projekte mit der MJD vom Famiilienministerium des Bundes oder einzelner Länder gefördert, aber manchesmal auch wieder die Förderung eingestellt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Muslimische_Jugend_in_Deutschland

Häufig als Sponsor der Jugend-Aktivitäten dabei: Islamic Relief

Islamic Relief erscheint dem Spektrum der Muslimbruderschaft zuzuordnen. Diese Verflechtung hat Tradition: Ibrahim El Zayat, der 1998 als „German director“ auch bei Islamic Relief Worldwide zeichnete und auch heute noch in verschiedenen Dependancen weltweit aufgeführt wird, war auch erster Präsident des „Forum of European Muslim Youth and Student Organizations“ (FEMYSO) von 1996-2002, einer muslimbrudernahen Struktur:

https://de.wikipedia.org/wiki/Forum_of_European_Muslim_Youth_and_Student_Organizations

Die MJD ist Mitglied dieser Organisation. So lange das so ist, wirkt die Unabhängigkeitserklärung wenig glaubhaft, mehr dem Eigeninteresse, der Gewinnung und der Erwartungshaltung v.a. kirchlicher und politischer Fürsprecher geschuldet. Ibrahim El Zayats Bruder Bilal war von 2003-2005 Vorsitzender, „Amir“ der MJD. Auch die FEMYSO wird von Islamic Relief unterstützt. Ibrahim El Zayat ist in weiteren Positionen Funktionär der Muslimbruderschaft. Das Vorbringen, man sei „völlig unabhängig“ von der IGD ist demnach mindestens fragwürdig.

Während sich die MJD an die Jugendlichen und Jungerwachsenen wendet, gibt es auch für noch Jüngere Angebote. Hessen ist da besonders „gut“ aufgestellt. Was auf den ersten Blick unter dem ganz unverfänglichen Begriff „Die jungen Denker“ eher harmlos daherkommt, ist beim zweiten Blick die spezielle Jugendarbeit des „Haus des Islam“ in Lützelbach:

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https://www.facebook.com/DieJungenDenker/

Das „Haus des Islam“ ist muslimbrudernah seit Gründung.

Auch der Verein „Orientbrücke e.V.“ in Marburg bietet Kinderfreizeiten an:

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Im Impressum steht nur „Der Vorstand“. An der gleichen Adresse ist jedoch die Islamische Gemeinde Marburg:

orientbruecke-pm-ort-161029

Klicke, um auf PM_Ramadanzelt_2009.pdf zuzugreifen

Das wiederum ist die Gemeinde, der Bilal El Zayat vorsteht. Der Verein fand im Jahr 2013 Erwähnung als Einrichtung der Muslimbruderschaft, S. 243:

Klicke, um auf vsbericht-2013.pdf zuzugreifen

Das Kindercamp dieses Vereins richtet sich an die Kinder von 6-15 Jahren.

Warum der Verein „Orientbrücke“ im Bericht des Bundesamtes auftauchte, aber dem Anschein nach nicht im hessischen, erschließt sich nicht. Marburg liegt zweifellos in Hessen. Aber in diesen Berichten wird auch das „Haus des Islam“ nicht konkret benannt. Das ist bemerkenswert.

Es gab also für die Kinder muslimbrudernaher Eltern sowohl in Nord- als auch Südhessen Angebote, die Kinder entsprechend unterzubringen. Im letzten Jahr war das ähnlich organisiert, wenn dort auch einmal in Marburg (der konkrete Verein wird nicht benannt) und in Südhessen durch das Europäische Institut für Humanwissenschaften (EIHW), letzteres richtete sich jedoch schon an die höhere Altersgruppe von 16 bis 35 Jahren (s. Verfassungsschutzbericht Hessen 2015, S. 107). Kurze Wege zum Nachwuchskader, wie es scheint. Auch das Jahrestreffen der MJD findet seit Jahren im Hessischen statt, in der Nähe von Bad Orb. Nimmt man dann noch die Familienfeste hinzu, ist jede Altersgruppe abgedeckt.

Man hat gelernt, die Sprache der Integration zu sprechen, ohne den Inhalt zu leben und leben zu wollen. Ein bisschen hipp in der (Selbst-)darstellung, aber knochenkonservativ in den Grundlinien. Beteiligung ohne Teil zu werden, wie von Denffer das, s.o., nannte, kann auch reine Lobbyarbeit sein, Partikularinteressen vertreten. Wo „bunt“ drauf steht, kann auch Kader drinnen sein.

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Zur ähnlichen Vorgehensweise in Österreich sind folgende Artikel wertvoll:

Die Muslimische Jugend und der Irrgarten der Muslimbruderschaft

„Islamophobie“ und die Muslimbruderschaft in Europa

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