Frauenaktionen zum Kopftuch

Neue bundesweite Betätigungen durch Frauen

Über die Aktivitäten radikaler Akteure und Gruppen, die auch Sammlungen von Unterschriften für eine Petition zu einem „Kopftuchverbot“ im öffentlichen Raum organisieren, war schon mehrfach berichtet worden:

https://vunv1863.wordpress.com/2018/08/14/wertediktatur-in-frankfurt-ruesselsheim-offenbach/

Der HR hatte das aufgegriffen:

https://www.hessenschau.de/gesellschaft/verfassungsfeindliche-gruppe-mobilisiert-in-fussgaengerzonen-gegen-kopftuchverbot,realitaet-islam-kampagne-100.html

Eine als Ärzte-Netzwerk auftretende Gruppierung hatte flankierend zwei Ärzteverbands-Präsidenten öffentlich angegriffen wegen ihrer Zustimmung zur Initiative von Terre des femmes zum „Freien Kopf“ in Schulen:

https://vunv1863.wordpress.com/2018/08/31/mummenschanz-mit-kittel/

Vor allem in Hessen wurden an öffentlichen Orten Unterschriften für die Petition gesammelt. Die Sammlungen wurden überwiegend von Männern durchgeführt und stellten verbreitet darauf ab, es drohe eine „Wertediktatur“.

In Duisburg sammelten nun Frauen Unterschriften im öffentlichen Raum für die Petition:

 

Da die Akteure vom eigentlichen Anlass – einem Vorschlag, in NRW-Grundschulen keine religiösen Kopfbedeckungen zu erlauben – abwichen und verbreitet bzw. assoziiert wurde, das Kopftuch stünde generell zur Disposition, ist nicht nur die Petition, sondern auch die generelle Haltung anschlußfähig. Obige Organisatorin nimmt dies zum Anlass, Frauen zum Kopftuch zu bewegen und lädt deshalb in eine DITIB-Moschee ein:

Auch hier auf der Seite einer türkischen Moschee, die „Kopftuch-Challenge“:

[Man beachte im Video sowohl die sehr junge Stimme als auch den totalitären Gedanken, dass das religiöse (hier eher politische) Bekenntnis bzw. die Sichtbarmachung ÜBERALL akzeptiert werden müsse und das untrennbarer Teil der Identität sei. Ihre Entscheidung sei „einfarbig und klar“.]

Bei jungen Frauen wird das Eintreten für das Kopftuch zusätzlich* über diese „Kopftuch-Challenge“ verbreitet. Die Aktion richtet sich an Moschee-Gemeinden bzw. Städte, bei denen dann die Frauengruppen sich bekennen sollen. Ausgangspunkt war eine wohl Realität Islam nahestehende Frauengruppe an einer Dietzenbacher Moschee (möglicherweise an der Tauhid-Moschee**):

[„Nominiert“ werden „Frankfurt, Köln und Stuttgart“.]

Frankfurt:

[„Nominiert“ werden „Berlin, Hamburg, Essen“.]

Berlin:

 

Es zeichnet sich also ab, dass Frauen und Männer unterschiedliche Strategien vertreten, um Muslime zum Bekenntnis (zum Kopftuch) zu bringen. Männer sammeln Unterschriften, präsentieren sich v.a. im öffentlichen Raum. Frauen versuchen, andere Musliminnen zum Kopftuch zu bewegen.

 

Beiden Strategien gemein ist, dass eine Polarisierung herbeigeführt wird. Kopftuch soll als untrennbarer Teil einer muslimischen Identität verstanden werden. Man baut das Schreckgespenst einer westlichen „Wertediktatur“ auf, um eine real existierende (nach fundamentalistischem Verständnis) islamische Wertediktatur klammheimlich nach vorne zu bringen. Vereinzelt tauchen schon Ideologiefragmente auf, die das Kopftuch als Symbol einer postkolonialen Gegenbewegung, einer Freiheitsbewegung umdeuten. Der politische Islam, eine basal autoritäre und totalitäre Ideologie soll (unter Führung Hizb ut Tahrirs) in eine Freiheitsbewegung umgedeutet werden, der sich Muslime „freiwillig“ anschließen. Muslime werden kollektiv zu Opfern gemacht, die, wenn schon nicht persönlich diskriminiert***, so doch als Gruppe unterdrückt seien, spätestens zu anderen Zeiten und an anderen Orten. GG und runde Tische hierzulande helfen nicht gegen das räumlich und zeitlich dislozierte Gefühl, als Gruppe von der Geschichte und den Bedingungen hintangestellt worden zu sein, nicht den selbstempfunden gebührenden Platz zu haben. Dagegen helfen auch nicht individuelle Chancen, die wahrgenommen werden und wurden, denn dieses Gefühl tragen auch so manche Akademiker in sich, denn das ist ein kollektives Moment. So kann sich selbst der erfolgreiche Herzchirurg als Teil eines Kollektivs herabgesetzt fühlen, Wird dieses kollektive Gefühl fundamentalistisch getriggert, wird aus dem Einhalten gemeinsamer Regeln schon Unterdrückung, denn die gemeinsamen Regeln müssen von irgendwem durchgesetzt werden.

Gemeinsame Regeln in dieser heutigen Gesellschaft hier, die muslimischen Vorstellungen, widersprechen, sind also für manche schon Zeichen einer Unterdrückung. Um allerdings diese Unterdrückung aus dem Koftuchtragen zu konstruieren, muss erst einmal das Kopftuch als zwingendes Element weiblicher Religiosität definiert werden. Denn immerhin tragen Zweidrittel der hiesigen Musliminnen kein Kopftuch. Die Fundamentalisten deuten das so, dass die „Schwestern“ das nur wegen des „gesellschaftlichen Dricks“ nicht tragen. Dass sie es nicht tragen könnten, weil es für sie eben kein elementarer Teil ihrer Frömmigkeit ist, kommt gar nicht in den Sinn in der eigenen Filterblase. Das ist nämlich mitnichten ein unabdingbares Merkmal. Fundamentalistische Gruppen möchten das gerne so umdeuten, dass es unabdingbar sei. Um einen genügenden sozialen Druck auf de Frauen aufzubauen, dienen solche Aktionen nämlich auch. So nach dem Motto: „Wir haben nunmehr für deine Freiheit, es zu tragen, gestritten, nun trage es auch“. Gruppendynamiken tun ihr Übriges. Auch den Frauen wird also das Kopftuch als Freiheitssymbol untergejubelt. Akteurinnen wie Kübra Gümüsay oder Khola Maryam Hübsch könnten das nicht besser vertreten und tun es ja auch schon länger. Unterwerfung ist die neue Freiheit, schwarz das neue bunt. Der „neue Feminismus“ ist das alte Patriarchat mit besserem Marketing.

 

 

 

 

 

 

 

*

Bei der Aktion #NichtohnemeinKopftuch kann man weitere Einsichten dazu gewinnen:

**
Es ist möglich, dass dies eine gemischte Frauengruppe ist. Ein Akteur ist jedoch zu verorten.

***
Natürlich gibt es Diskriminierungen, die sich gegen Muslime richten. Gegen diese ist auch mit aller Entschiedenheit vorzugehen. Genauso gibt es aber Fehlhandlungen von Muslimen gegen Ungläubige ihrer jeweiligen Definition, sogar gegen andere Muslime, die zu Ungläubigen ernannt werden.

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