Keine Kooperation mit der Muslimbruderschaft?

„Es gibt keine Kooperation mit der Muslimbruderschaft“, lautete die kurze Antwort des NRW-Integrationsministeriums auf einen Beitrag dieses Blogs. Auf die Fakten wurde dabei jedoch nicht eingegangen. Nur sechs Tage später trat ein langjähriges Vorstandsmitglied einer laut Verfassungsschutz Muslimbruder-nahen Organisation bei einer vom Ministerium geförderten Veranstaltung in Münster auf. Organisiert wurde diese offenbar von einem Sympathisanten der Terror-Organisation Hamas.

„Es gibt keine Kooperation mit der Muslimbruderschaft“, teilte das nordrhein-westfälische Integrationsministerium am Montag letzter Woche auf seinem Twitter-Kanal kurz mit. Damit reagierte das Ministerium auf einen Beitrag dieses Blogs sowie eine parallel dazu erfolgte Pressemitteilung. In diesen Veröffentlichungen wurde am 24. Oktober dargelegt, dass sich auf einer im September vom Integrationsministerium veröffentlichten Liste von 79 muslimisch geprägten Vereinen, die am ersten „Kongress Muslimisches Engagement in NRW“ am 1. Juli in Düsseldorf teilgenommen hatten, neben anderen problematischen Vereinen auch Islamic Relief Deutschland (IRD) sowie die Deutsche Muslimische Gesellschaft (DMG) aufgeführt waren.

IRD verfügt laut der Bundesregierung über Verbindungen zu Organisationen im Umfeld der Muslimbruderschaft. Bei der DMG handelt es sich um die Nachfolgeorganisation der wegen ihrer Bezüge zur Muslimbruderschaft in die Kritik geratenen Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD). Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz-Chef Burkhard Freier und auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatten zuletzt eindringlich vor der Muslimbruderschaft gewarnt.

Hochrangige Vertreterin der DMG eingeladen

Die Teilnahme der DMG und von IRD am ersten „Kongress Muslimisches Engagement in NRW“ ist auch nicht die einzige Kooperation des Ministeriums mit Vertretern dieses Spektrums. So fand am Sonntag in Münster eine vom nordrhein-westfälischen Integrationsministerium geförderte Veranstaltung der „Ibn Sina Schule“ und dem zugehörenden Verein „Förderverein arabische Sprache“ in Münster statt.* Die Veranstaltung ist Teil einer Reihe in den Jahren 2019 und 2020. Die Veranstaltungsserie wurde zuerst durch das „Kompetenzzentrum Integration der Bezirksregierung Arnsberg“ unterstützt. In Arnsberg betreiben Funktionäre aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft seit Jahren eine Bildungsstätte.**

Dieser Verein lud am Sonntag zu einer Veranstaltung „Sexualerziehung und Verhütung“. Der Förderverein hat auf seiner Seite nur ein Postfach in Münster angegeben, keine weitere Adresse, führt seine Veranstaltungen jedoch im Regelfall an derselben Adresse durch. Zur Kommunikation dient eine Handy-Nummer. Anschauen kann man sich das auf dem Facebook-Profil des Vereins.

Die Veranstaltung wurde auf der Vereinsseite sowie auf Facebook angekündigt:

Da die Ankündigung von der Facebook-Seite von Frau Taraji gelöscht wurde, hier das Belegbild:

Belegbild Facebook-Seite von Houaida Taraji, update 26.11.2020

Moderiert wurde der Abend vom Kassenwart des Vereins, Sameeer Dhayat.

Die angekündigte Expertin, die Kaarster Frauenärztin Houaida Taraji, war bis Ende letzten Jahres laut Vereinsregister diestellvertretende Vorsitzende der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG). Vorher war sie etliche Jahre stellvertretende Vorsitzende der Vorgängerorganisation Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die ihren regelmäßigen Platz in den Verfassungsschutzberichten von Bund und Ländern hatte. Namentlich wurde Taraji sogar im Bericht 2009 des Landes Baden-Württemberg herausgestellt. Die IGD/DMG gilt als größte Vereinigung in Deutschland, in der sich Muslimbrüder organisieren. Taraji war  zumindest nach den offiziellen Quellen von 2006 (Lebenslauf auf Zentralrat.de) bis 2018 (Vereinsregister***) in Funktion für die DMG mit Sitz in Köln. Es existiert ein gleichnamiger und mittlerweile in den Führungspositionen identischer Verein in Berlin.

Mit ihrer Werbung für Organisationen und Betätigungen aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft fährt Houaida Taraji jedoch unbeirrt fort. Auch macht sie sich stark für einen saudischen Extremisten, der zwar seit Ende 2017 einsitzt, aber zuvor von Dänemark sogar mit einem Einreiseverbot belegt war:

Belegbild Facebook-Seite Houaida Taraji, Abruf 03.11.2019

Sympathien für die bedingungslose Forderung nach der Freilassung von Tariq Ramadan offenbaren ein gespaltenes Verständnis von Rechtsstaat. Sympathien für „Realität Islam“, das fundamentalistische Portal „Islamfakten“ und die radikale „Föderale Islamische Union“ von Marcel Krass weisen auf eine unkritische Nähe zu Extremisten hin. Zu begutachten ist das bei den „Gefällt mir“-Angaben auf der Facebook-Seite von Houaida Taraji.

Auch die Stellungnahme einer Hizb ut-Tahrir-nahen Ärzte-Gruppe wird bedenkenlos und unkommentiert verbreitet:aiIhr Titelbild aus dem Jahr 2013 rundet die Einordnung ab:

Bildbeleg Facebook-Seite Houaida Taraji, Abruf 04.11.2019

Im Kontext ihrer Einbindungen und Aktivitäten ist das keine „Folklore“, sondern als Bekenntnis einzustufen. Houaida Taraji kann schon anhand ihres öffentlich einsehbaren Facebook-Profils klar als langjährig ranghohe Funktionärin – sie sitzt im Vorstand des Zentralrats der Muslime, ZMD – muslimbrudernaher Strukturen sowie Aktivistin mit extremistischen Bezügen und Sympathien eingeordnet werden.

Der zweite Teilnehmer, der Arzt Akram Samour, teilte auf seiner Facebook-Seite Statements von Ali Al-Qaradaghi, einem einflussreichen Gelehrten und hochrangigen Funktionär verschiedener Gremien, die der Muslimbruderschaft zuzuordnen sind. Als normaler Arzt, ja nicht mal als normaler Mensch und Muslim aus der Region, kennt man Al-Qaradaghi eher nicht. Samour gibt an, aus Gaza zu stammen. Anhand solcher Bilder, die er verbreitet, ahnt man, wo die Sympathien sind (gezeigt ist ein – Stirnbinde! – Hamas-Terrorist):

Oder diese Sichten von Abdallāh Al-asch-Schaich, einem saudischen Großmufti und Fundamentalisten:

Der dritte Referent, Projektleiter und Organisator der Reihe, ist dem Förderverein auf besondere Weise verbunden. Hatem Batesh war nach den Angaben auf der Facebook-Seite des Vereins der Erste Vorsitzende des Fördervereins. Im Vereinsregister taucht er allerdings nicht mit seinem ersten Vornamen auf, sondern nur mit seinem zweiten Vornamen Msleh. Er ist bis letztes Jahr als Vorsitzender verzeichnet. Aktuelle Vorsitzende sind Ahmad Alhamwi und Kamal Baba, beide nach Vereinsregister wohnhaft in Münster. Welche Haltungen der Gründer und ehemalige Vereinsvorsitzende hat, wird schon in den sozialen Medien überdeutlich. Batesh ist auf seinem Facebook-Profil vernetzt mit allerlei Muslimbrüdern, macht aber auch Werbung für Veranstaltungen der Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland (PGD). Die PGD gilt als deutsche Vertretung der Hamas (nicht nur nach Einschätzung des NRW-Verfassungsschutzes 2016).

Welche Haltungen der ehemalige Vereinsvorsitzende hat, wird aus seinem Engagement 2014 deutlich; damals er gründete eine Initiative, auf deren Konto  Hass-Kundgebungen gegen Israel gehen. Und hier er selbst:‘

Verschwörungstheorien, wonach Angela Merkel „Israel belohnt, wenn es palästinensische Kinder umbringt“ (sinngemäßes Zitat):

Im Jahr 2016 flankiert er – nicht das einzige Mal – die PGD-Jahresveranstaltung.

Am 11. Januar 2015, also vier Tage nach den Charlie Hebdo-Attentaten, verbreitete Batesh dieses Märtyrer-Video über Hamas-Terroristen:

Wie weit dieser Hass auf Israel gehen mag, lässt dieser Post aus dem Jahr 2016 ahnen:

Belegbild Facebook-Profil Hatem Batesh, Abruf 03.11.2019

Nicht nur für Juden und Unterstützer Israels sollte es eine beängstigende Vorstellung sein, dass eine Person mit solcher kollektiven Menschenverachtung als Arzt arbeitet. Wer Neugeborene als „Bomben“ (Facebook-Übersetzung) fantasiert, entmenschlicht sie und sieht sie nur als Instrumente eines fanatischen Glaubens. Das ist abgrundtiefer Hass, das ist totalitär.

Personen, die solche Haltungen vertreten und propagieren, sollten keine „Schule“ unterhalten, in der sie Kontakt zu Kindern erhalten. Zu groß ist die Gefahr, dass neben der arabischen Sprache auch der brutale Hass auf Israel und damit auf Juden vermittelt wird. Erst recht kann ein Verein mit solchen Protagonisten kein Kooperationspartner eines Ministeriums sein. Die Wirkung solcher Vereine ist nicht integrativ, sondern segregativ und identitär. Eine Identität, die die Vernichtung Israels über die Menschenwürde stellt. Auch Teilhabe steht solchen Verfassungs- und Menschenfeinden nicht zu, denn Teilhabe ist daran geknüpft, dass die Menschenwürde unantastbar ist. Fördert eine öffentliche Institution solche Strukturen, muss sie sich fragen lassen, welcher Zweck solche Mittel „heiligen“ könnte.

Ob das Ministerium nun wissentlich oder unwissentlich fördert, ist am Ende des Tages irrelevant. Es ist ihm zuzurechnen. Die Frage ist: wem im Hause.

 

 

*
Der Verein hatte vorher schon andere Veranstaltungen in Kooperation mit dem Ministerium, auch aus diesem Jahr:

 

Im Juli;

 

 

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Zur Bildungsstätte:

https://vunv1863.wordpress.com/2017/04/11/restart-me-too/

***
Taraji war zuletzt von 2015 bis Ende 2018 als eine von zwei Vorständen der IGD/DMG eingetragen:

IGD DMG Swaid Shiref NW-Köln_VR_16582+Chronologischer_Abdruck-20191104182139

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