Staatsanwalt fordert fünfeinhalb Jahre für Sabri Ben A.

Die Staatsanwaltschaft fordert fünfeinhalb Jahre Haft für Sabri Ben A., unter anderem für die Unterstützung einer in Syrien aktiven Terror-Organisation. Darstellungen seiner Verteidigung, auf seinem Computer gefundene grausame IS-Videos seien ihm aus journalistischen Gründen zugeschickt worden, wurden beim Plädoyer als „abwegig“ und „wenig plausibel“ bezeichnet. Das Urteil gegen Ben A. soll nächsten Freitag verkündet werden.

Sabri Ben A. bei der Prozesseröffnung (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Beim Prozess gegen Sabri Ben A. wurde am Freitag vom 5. Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts (OLG) die Beweisaufnahme geschlossen. Gegen den Deutsch-Tunesier wird seit 6. Februar verhandelt. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 2014 in Syrien die ausländische terroristische Vereinigung „Ahrar ash-Sham“ unterstützt zu haben, unter anderem mit militärischer Ausrüstung. Außerdem soll sich der heute 39-Jährige Kölner in den darauffolgenden Jahren im Internet als der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) nahestehender „Cyber-Jihadist“ betätigt haben. Sabri Ben A. gehört seit fast zehn Jahren zu den bekannteren Akteuren der deutschen Salafisten-Szene. Er sitzt seit Mai 2019 in Untersuchungshaft.

Unmittelbar nach dem Schließen der Beweisaufnahme hielt Oberstaatsanwalt Holger Heming sein rund 30-minütiges Plädoyer. Darin sagte er, Sabri habe sich „seit 2012 mit radikalen Glaubensinhalten identifiziert“. Dies belege seine Teilnahme an der Lies-Koranverteilaktion mit Abou Nagie. Seine Vorstrafen von 2012 bis 2014 belegen eine „aggressive radikalisierte Grundhaltung“. In seinen Veröffentlichungen auf von ihm betriebenen Internet-Seiten wie „Believers Place“ oder „belpla.de“ wäre „unsere Gesellschaftsordnung abgelehnt“, Forderungen nach der Einführung der Scharia erhoben sowie zur Unterstützung des IS aufgerufen worden.

„Äußerst grausame Videos“ gezeigt

Dabei wurden auch „äußerst grausame Videos“ gezeigt, sagte der Staatsanwalt. Darstellungen der Verteidiger von Sabri Ben A., er habe diese Filme nur aus journalistischen Gründen gespeichert, wies er zurück. Dies sei „angesichts der Vielzahl der Speicherungen abwegig“, „wenig plausibel“ und „mit seinem Veröffentlichungsverhalten nicht in Einklang zu bringen“.

In den letzten Wochen dieses Prozesses wurden im Gerichtssaal mehrfach grausame IS-Videos gezeigt, in denen zu sehen war, wie Menschen vor laufender Kamera getötet wurden. Zuletzt wurde ein IS-Schulungsvideo gezeigt, in dem unter anderem einem Mann zuerst die Kehle durchgeschnitten wurde. Danach wurde der Bauch des Mannes von unten nach oben aufgeschlitzt. Wochen zuvor wurde ein Film gezeigt, in dem Menschen lebendig verbrannt wurden. Die Videos wurden von Ermittlern auf Computern von Sabri Ben A. gefunden.

„Vorwurf der Terror-Unterstützung belegt“

Auch der Vorwurf der Unterstützung der Terror-Gruppe „Ahrar ash-Sham“ sei durch die Beweisaufnahme belegt, führte der Staatsanwalt weiter aus. So habe Sabri Ben A. gewusst, dass „Abu Ali“, dem er das Material 2014 in Syrien übergeben hatte, zu dieser Terror-Organisation gehört habe. Dass Sabri Ben A. auch Nachsichtgeräte und Reinigungs-Sets für Waffen nach Syrien transportiert habe, belege, dass „sein Interesse nicht rein humanistisch war“.

Sabris Aufenthalt in einem Ausbildungslager der Terror-Organisation sei ebenfalls belegt, unter anderem durch eine Nachricht an seine Frau, er müsse dort „Wache schieben“. Hinzu kämen Fotos, die ihn in Syrien mit Sturmgewehr sowie vor IS- und al-Nusra-Flaggen zeigen. Auch abgehörte Telefonate mit dem bereits vom OLG verurteilten mutmaßlichen Mittäter Mirza Tamoor B. hätten die Anklage gegen Sabri Ben A. in diesen Punkten bestätigt, so der Staatsanwalt weiter. Eine Eingliederung in die Terror-Organisation sei bei ihm jedoch nicht zu erkennen gewesen.

Strafverschärfende Elemente hervorgehoben

Als er zur Strafbemessung kam, erläuterte Holger Heming, welche Elemente nach Ansicht der Staatsanwaltschaft strafverschärfend berücksichtigt werden müssen. So habe es sich im Falle des für die „Ahrar ash-Sham“ beschafften Materials um „erhebliche materielle Unterstützungshandlungen“ gehandelt.

Im Falle von Sabris IS-Propaganda müsse berücksichtigt werden, dass diese „zugunsten einer besonders menschenverachtenden und brutalen Organisation“ erfolgt sei. Auch habe Sabri Ben A. damit zur „abstrakten Gefährdung der inneren Sicherheit hier“ beigetragen, da der IS ja auch in Deutschland Anschläge begehe. Im Ergebnis forderte der Staatsanwalt eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten für den 39-Jährigen.

Ungewöhnliches Entgegenkommen zugunsten der Anwälte

Obwohl der Staatsanwalt seine Ausführungen bereits lange vor 12 Uhr beendet hatte, mussten die Verteidiger nicht – wie sonst bei Verfahren dieser Art vor dem OLG üblich – ihr Plädoyer nach der Mittagspause vortragen. Stattdessen gewährte die Vorsitzende Richterin den beiden Anwälten von Sabri Ben A., Martin Yahya Heising und Serkan Alkan, die Möglichkeit, das Plädoyer des Staatsanwalts übers Wochenende „auf sich wirken zu lassen“. Welche Gründe die Richterin für dieses ungewöhnliche Entgegenkommen hatte, sagte sie nicht.

Heising und Alkan dürfen ihr Plädoyer nunmehr am Montag vortragen. Danach bekommt Sabri Ben A. die Möglichkeit des letzten Wortes. Das Urteil soll am nächsten Freitag verkündet werden.

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