Die Halal-Checker II

Auch die weitere Betrachtung von Teilnehmern der „Islamischen Bildungsmesse“ in Hürth bei Köln führt in das gleiche Geflecht in der Grauzone zwischen Muslimbruderschaft und Salafisten. Damit ist eine jüngst geäußerte Einschätzung der NRW-Landesregierung, nach der „lediglich einzelne Teilnehmer“ dieser Messe für ihre langjährigen Beziehungen zur Muslimbruderschaft bekannt sind, vielleicht nicht falsch, aber dennoch etwas schönfärberisch.

Wenn es um den Freien Verband der Muslime (FVM) und die von ihm ausgerichtete „Islamische Bildungsmesse“ in Hürth bei Köln geht, äußern sich die nordrhein-westfälische Landesregierung wie auch die Verfassungsschutzämter schon seit geraumer Zeit nur sehr schmallippig. Zuletzt hieß es etwa von Seiten der Landesregierung, Berührungspunkte des FVM zur Muslimbruderschaft seien nur durch die gemeinsame Mitgliedschaft mit der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) beim Zentralrat der Muslime (ZMD) gegeben. Eine Formulierung, die man sich durchaus auf der Zunge zergehen lassen kann.

In Anbetracht der Teilnehmer, also der Referenten sowie der Aussteller dieser Messe, fragt sich dennoch, ob diese Darstellung nicht etwas zu kurz gegriffen ist. In Teil 1 der „Halal-Checker“ wurden bereits einige dieser Aussteller näher betrachtet. Aber auch die restlichen bekannt gewordenen Aussteller dieser Messe verdienen Beachtung. In Teil 2 werden nun die anderen Aussteller, die in einem Video vorgestellt wurden, näher eingeordnet. Die Aktivitäten von „islamundpsychologie“, dem Muslimische Seelsorgetelefon, der „Quran Akademie“ und „Halalfit“ sind in weiten Teilen öffentlich einsehbar.

Halalfit ist ein islamisches Gesundheitscoaching-Angebot, dessen Verantwortlicher Amer Mansoor als Kontaktadresse im Impressum die „Promanos GmbH“ angibt. Mansoor ist dort „Leiter Vermietungsteam“ und es scheint sich um seine hauptberufliche Tätigkeit zu handeln. Diese Hausverwaltung ist jenseits dieser Adressangabe nicht involviert und weiß möglicherweise gar nicht, dass sie als Kontaktadresse angegeben ist. Halalfit stellt sich in diesem Video den Zuschauern vor. In diesem Video  kann man deren weibliche Trainerin im Interview sehen. Auf dem assoziierten YouTube-Kanal Body2Basic werden auch andere Anbieter aus dem Bereich der Alternativmedizin vorgestellt. Darunter JR Konzept aus Castrop-Rauxel, hinter dem Jamil Ricardo Neumann steht, der religiös konnotierte „Heilbehandlungen“ anbietet, wie etwa Hijama, jedoch nicht einmal angibt, ob er dazu auch über die notwendigen Genehmigungen verfügt. Ohne solche verpflichtenden Angaben ist davon abzuraten, Unter anderen Gesichtspunkten auch, denn Neumann gibt Vorträge in salafistischen Einrichtungen wie der Islamschule Merzig im Saarland (hier und hier). Reuf Jasarevic von „erfolgsmuslim“ schaut bei ihm vorbei, ebenso Abdelhamid Asan. Der Düsseldorfer Asan unterhält einen YouTube-Kanal mit 2.000 Abonnenten, auf dem er religiöse Inhalte verbreitet. Und auch der ehemalige Salafisten-Prediger Sven Lau besuchte den „Bruder“ Neumann im letzten Juni, womit er möglicherweise auch gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen haben könnte. Halalfit ist wegen der Bezüge in die salafistische Mischszene einzuordnen.

„islamundpsychologie“ ist ein Angebot von Samir Loucif. Der Psychologe tritt häufiger als Fachmann Weiterlesen

Die Halal-Checker I

Schaut man sich die Aussteller der „Islamischen Bildungsmesse“ näher an, stößt man unter anderem auf ein Geflecht von Firmen. Dabei fallen vereinzelt weitere Bezüge zum Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft auf. Bei den Firmen vermischen sich dem Anschein nach religiöse und Geschäftsinteressen. Zielpersonen sind vor allem andere Muslime, die manchmal gar nicht wissen dürften, wen sie da unterstützen.

Die „Islamische Bildungsmesse“ in Hürth bei Köln von Ende 2019 war bereits mehrfach Thema auf dieser Seite. Auch den Behörden in Nordrhein-Westfalen sind einzelne Teilnehmer dieser Messe wegen ihrer langjährigen Beziehungen zum Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft bekannt. Bei der ersten „Bildungsmesse“ waren nach Angaben des Veranstalters verschiedene Aussteller mit dabei. Mehr Einblick und einen Eindruck vermittelt ein YouTube-Video dieser Veranstaltung. Das Video, das auf dem Kanal von „Halalcheck4you“ veröffentlicht wurde, zeigt eine Reihe von Personen und Organisationen, die auf der Islamischen Bildungsmesse mit Ständen vertreten waren. Chronologisch sind das Islamic Tutors, Halacheck4you, Muslim Business Academy (MBA), Balcok, islamundpsychologie, das Muslimische Seelsorgetelefon, die „Quran Akademie“ und „Halalfit“. Einige dieser Betätigungen sind organisatorisch verflochten. Andere sind assoziiert über personelle Identität der Akteure. Dabei vermischen sich wohl religiöse und Geschäftsinteressen. Das richtet sich an andere Muslime, denen so manchesmal die Bezüge nicht klar sein dürften.

Die Unterscheidung, was nach religiösen Vorgaben erlaubt und und was verboten ist, ist bei vielen Muslimen verinnerlicht und umfasst weit mehr als die Vorstellung, kein Schweinefleisch verzehren zu dürfen. Im Rahmen einer Rückbesinnung auf Religion und deren Vorgaben werden Regeln wichtiger, bei deren Befolgung nicht nur die Aussicht aufs Paradies lockt, sondern auch die Selbstdarstellung als „guter Muslim“ gegenüber anderen Muslimen eine Rolle spielt. Diesem Bedürfnis bezüglich jenseitiger Belohnung auf der sicheren Seite zu sein, kommen eine Reihe von islamischen Dienstleistern entgegen, die die persönliche Entscheidung erleichtern wollen. Aber es geht nicht nur um die Hilfestellung in der Religionsausübung, sondern stellt auch den eigenen Anspruch dar, für andere Muslime bestimmen zu wollen, was erlaubt und was verboten ist. Daneben sollen Muslimen Angeboten gemacht werden. Nicht nur für religiöse Reisen, sondern auch für viele andere Bereiche des Lebens, von der Seelsorge bis zur Finanzdienstleistung. Damit werden Muslime beeinflusst, ihr ganzes Leben von religiösen Regeln durchdringen zu lassen.

Grundpflichten des praktizierenden Muslims sind neben den Gebeten die Pilgerfahrt (Hadsch) und die Spenden (Zakat). Für diese Bedürfnisse waren auf der Messe Anbieter anwesend. Die oben aufgeführte Balcok etwa ist eine Firma, die islamische Reisen anbietet. Die GmbH aus Essen hat Pilgerfahrten, aber auch Reisen zu Regionen im Portfolio, die wichtig waren in der Geschichte islamischer Geschichte. Verantwortlich ist Hasan Rami Balcok, der Teil eines familiären Netzwerks in Sachen religiöse Dienstleistungen ist.

Nicht unwichtig ist, dass das Erteilen von Zertifikaten oder Beratungen auch ein Geschäftsmodell darstellt. So sind Institutionen, die Halal-Gutachten erstellen, häufig normal als wirtschaftliche Unternehmung aktiv und als gewerbliche Betätigungen gemeldet. Auf diesem Markt möchte sich auch Halalcheck4u aufstellen. Die Angebote sind allerdings – auf den ersten Blick – kostenlos. 

Die Internetseite gibt Samir Bajra aus Gelsenkirchen als Verantwortlichen an. Bajra betreibt auch Zakat4u, das nicht nur kostenlose „Zakat-Beratungen“ anbietet, sondern auch anbietet, an die Organisation „Whipso“ den Zakat zu spenden. Whipso ist in Oldenburg ansässig und als gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) auf Tarek Hazzaa angemeldet. Hazzaa ist der einzige Gesellschafter, hat die 250 Euro Gründungskapital selber aufgebracht und ist der Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag von 2018. Sitz ist wohl die Wohnadresse von Hazzaa. Er ist nicht nur durch Halalcheck4u mit Bajra verbunden, sondern die beiden haben zusammen auch „Nextstep1“ gegründet. Nach seinen Eigenangaben bei xing ist Hazzaa Geschäftsführer bei „Nextstep1“. Bajra selber beschreibt auf xing einen ziemlich bunten Lebenslauf, der neben einer militärischen und kaufmännischen Ausbildung immer wieder auch Bezüge zu islamistischen Betätigungen aufzeigt. Bajra ist Verantwortlicher mehrerer kleiner Firmen, deren Betätigung durch großsprecherische englische Bezeichnungen der Funktionen wohl größer erscheinen sollen, als sie sind. Neben Halal Solutions sind da weitere.

elegbild: Seite Halalcheck4u, Abruf 17.12.2020

Hazzaa wiederum ist bei Halalcheck4u gar ein Sheikh und hat weitere Dienstleistungen im Angebot:

Belegbild: Seite Halalcheck4u, Abruf 17.12.2020



Whipso ist nach eigenen Angaben in Bangladesch (für die Rohygia), Gambia, Jemen, Mali und der Türkei (für Uiguren) aktiv. Schaut man in die Eigenangaben zu den Projekten hinein, so reicht das von Absichtserklärungen über Lebensmittelhilfe (in kleinem Umfang) und Buchsendungen bis hin zum Bau einer Schule. Was also mit dem gespendeten Geld tatsächlich passiert, ist eher unklar, denn es bleibt alles im Vagen. Tarek Hazzaa scheint auch hinter Muslim Mindset zu stehen, dort allerdings als Tarek Abu Sufyan. Er bezeichnet sich dort als „Familienvater. Student. Referent. Unternehmer.“ Aus der Eigendarstellung: „Ich studiere seit über fünf Jahren in Medina Islamwissenschaften, mit dem Schwerpunkt islamische Jurisprudenz. Meine Hauptfächer sind islamische Rechtswissenschaft (Fiqh und Usul). Ich beschäftige mich nebenbei hauptsächlich mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung. Ich besitze mehrere kleine Unternehmen und arbeite an vielen unterschiedlichen Projekten.“ In dem Islamischen Kulturverein Oldenburg, der nicht sehr weit entfernt seine Moschee unterhält, sind dann auch schon mal bekannte Akteure aus dem Geflecht der Muslimbruderschaft wie Amir Zaidan oder Mohammed Hajjaj zu Gast. Die Moschee unterhält eine arabische Schule. Im Vorstand war von 2014 bis 2020 Ahmed Hazzaa. Als Zufall erscheint dies nicht, denn die Väter haben vielfach Moschee-Vereine mit getragen, die Kinder suchen neue Formate, um die alten Vorgaben vermeintlich moderner erscheinen zu lassen.

„Islamic Tutors“ ist auch so ein Angebot, das auf YouTube über 12.000 Abonnenten hat. Hier stellt ein „Tarek“ das Programm vor. Im Impressum ist Tarek Hazzaa mit der Whipso gUG als Verantwortlicher verzeichnet, siehe unten. Eines der Projekte ist es, spendenfinanziert eine kostenlose Anleitung zur Koranrezitation an Personen und Moscheen abgeben zu können. Wenn das nicht an „LIES!“ erinnert.

Bei der „Muslim Business Academy“ (MBA) handelt es sich um ein Angebot aus Hannover. Nico Kämmerer zeichnet dafür verantwortlich und stellt zwei Möglichkeiten vor, wie Muslime – angeblich ohne jede Vorkenntnisse und ohne sonstige Anforderungen – sich neben- oder sogar hauptberuflich ein Einkommen verschaffen könnten. Die erste Möglichkeit ist die Vermittlung von Strom-/Energie-Verträgen. Die zweite Möglichkeit ist die Schulung von muslimischen Händlern für Amazon und andere Verkaufsplattformen. Dort wird mit einer „AMZ Business“ kooperiert, die von Ednan Topcagic über eine „Toptrading GmbH“ verantwortet wird. Topcagic versuchte vor Jahren mit „Warum Islam?“ seine Vorstellungen für Dritte, auch Nichtmuslime, darzulegen. Zuletzt fielen verschiedene Versuche geschäftlicher Betätigung auf. Eine weitere Empfehlung der MBA ist ein „Goldsparplan“.

Wie gut, dass man im Netzwerk eigene Goldhändler hat, denn der Sparplan wird – total halal – einschlägig empfohlen. So schließt sich dieser Kreis.

Ob und wie stark Muslime diese Angebote wahrnehmen, ist nicht bekannt. Aber neben dem Aspekt, sein gutes Geld in womöglich fragwürdige Netzwerke und Strukturen zu geben, sollten diese auch prüfen, ob und wohin die Spenden tatsächlich gehen oder ob der Sparplan wirklich so vorteilhaft ist, wie angepriesen. Gutgläubige Personen sollten nämlich nicht erst durch eigene Erfahrung erleben, dass die Glaubensbrüder vielleicht ein mehr diesseitiges Interesse haben.

Weiter in Teil II

Vorzeige-Projekt im Zwielicht

„JuMu – Vielfalt zum Anfassen“ wird von der NRW-Landesregierung noch immer als Vorzeige-Projekt präsentiert und gefördert. Bei genauer Betrachtung des Projekts fallen jedoch Bezüge zu langjährig bekannten Akteuren aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft auf. Dass das vom ZMD initiierte Projekt erfolgreich sein soll, macht das Integrationsministerium unter anderem daran fest, dass es vom Bundespräsidenten mit einem Preis ausgezeichnet wurde.

Symbolbild

Das vom Zentralrat der Muslime (ZMD) mitinitiierte Projekt „Vielfalt zum Anfassen: Schüler*innen gegen Antisemitismus“ der JuMu Deutschland gGmbH wird von der nordrhein-westfälischen Landesregierung noch immer als Vorzeige-Projekt präsentiert. „JuMu ist vielfachtalentiert“, sagte Asli Sevindim, Leiterin der Integrationsabteilung im NRW-Integrationsministerium, Anfang September im Landtag. Ebenso wie Landesintegrationsminister Joachim Stamp (FDP) in einer im März veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion machte Sevindim den Erfolg des Projektes auch daran fest, dass es von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit einem Preis ausgezeichnet worden sei. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) ging im September 2019 bei einer Debatte im Plenum sogar so weit, die weitere Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem ZMD auch mit diesem Projekt zu rechtfertigen.

Bei diesem Projekt sollen mit Hilfe von Workshops in nordrhein-westfälischen Schulen Jugendliche für das Thema Antisemitismus sensibilisiert werden. Das auch als „JuMu“ (Juden und Muslime) bezeichnete Projekt wurde bereits 2018 und 2019 vom Integrationsministerium mit 160.000 Euro gefördert. Integrationsminister Joachim Stamp hatte bereits in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage angekündigt, das Projekt auch 2020 und 2021 zu fördern. Wie hoch der derzeitige Förderbetrag ist, wurde dabei jedoch nicht mitgeteilt.

Bezüge zum Netzwerk der Muslimbruderschaft?

Bei der genauen Betrachtung des Projekts fallen jedoch Bezüge zu langjährig bekannten Akteuren aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft auf. So wurde in einer Projekt-Dokumentation, die Weiterlesen

JuMu – restart 2.0

Über eine aktuelle Förderung des Landes NRW – und Verflechtungen

Wie aus einer Meldung vor einigen Tagen hervorgeht, unterstützt das Land NRW aktuell eine Initiative, die sich „JuMu“ nennt. Diesem Projekt sind nach eigenen Angaben auf der fb-Seite „Chancen NRW“ bis Ende 2019 160.000 Euro zugedacht:

JuMu wird aktuell als „Organisation“ bezeichnet. In einer früheren Version wurde das Projekt jedoch als ein Projekt des Zentralrats der Muslime bezeichnet mit dem Projekttitel „Vielfalt zum Anfassen – Schüler*innen gegen Antisemitismus“:

Quelle: Screenshot Bearbeitungsverlauf fb-post Seite Chancen NRW, Abruf 14.07.2018

Was verbirgt sich nun tatsächlich hinter JuMu?
Juden und Muslime sollen einander kennen lernen, so die Projektabsicht.

JuMu ist eine recht junge gGmbH. gGmbH sollen nicht primär auf eine Gewinnerzielung hin arbeiten. Weiterlesen