Neuköllner Begegnungsstätte bekommt Rückendeckung

Nach einer Durchsuchung in der Neuköllner Begegnungsstätte, die dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zugerechnet wird, melden sich ZMD und DMG zu Wort. Dabei wird die Maßnahme empört kritisiert. In den Reaktionen wird auch das Netzwerk hinter der NBS sichtbar.

Symbolbild

Wegen des Verdachts auf Betrug mit Corona-Soforthilfen wurde am Donnerstagmorgen die Dar-as-Salam-Moschee in Berlin-Neukölln durchsucht. Wie der Berliner Tagesspiegel unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, sei neben den Räumlichkeiten der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS), zu der die Moschee gehört, auch die Wohn- und Aufenthaltsadresse des Vorstandsvorsitzenden durchsucht worden.

Die NBS ist ein Berliner Moschee-Verein, der seit Jahren mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Obwohl über den Verein immer wieder auch kritisch berichtet wurde und er auch in den Qatar Papers als Geldempfänger der Qatar Charity erwähnt wurde, ist er in Berlin weiterhin Gesprächspartner der Politik. In der Moschee waren schon Hassprediger und andere problematische Akteure aus dem Netzwerk der Muslimbruderschaft zu Gast. Die Qatar Charity ist als Finanzier von Organisationen aus dem Geflecht der Muslimbruderschaft bekannt. Zur Mehrheitsgesellschaft hin wurde ein Image der Freundlichkeit und Friedlichkeit aufgebaut. Diese Imagepflege wurde von der Politik begeistert aufgenommen, so dass der Imam der Moschee, Taha Sabri, sogar mit dem Berliner Verdienstorden bedacht wurde. Auch einige Medien zeichneten ein sehr weiches und oberflächliches Bild von Imam und Einrichtung, das ohne jedwede kritische Nachfrage auskam.

Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft

In den Berliner Verfassungsschutzberichten wurde die NBS jahrelang als eine von vier Einrichtungen im Abschnitt über die Muslimbruderschaft eingeordnet. Neben der NBS waren dies das Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung (IZDB), das Islamische Kultur- und Erziehungszentrum Berlin (IKEZ) und das Teiba Kulturzentrum zur Förderung der Bildung und Verständigung (TKZ). Aus diesem Geflecht sind zwei Imame im neuen Fatwa-Ausschuss vertreten, Ferid Heider und Abdelaziz el-Khodhary. Der Fatwa-Ausschuss wiederum hatte seine konstituierende öffentliche Sitzung zu Gebetszeiten in der NBS. Der Fatwa-Ausschuss gilt als wichtiges Gremium, das ebenfalls der Muslimbruderschaft zugeordnet wird.

Die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG, vormals Islamische Gemeinschaft in Deutschland, IGD) wird allgemein als die größte Organisation in Deutschland gesehen, in der sich Muslimbrüder organisieren. Beide Strukturen, also die DMG und der Fatwa-Ausschuss, sind personell mit länderübergreifenden Organisationen aus dem Spektrum verknüpft. Der Vorsitzende der NBS, der auch als Imam fungiert, wies Bezüge zur Muslimbruderschaft stets zurück, obwohl sogar belegt ist, dass der Verein dem muslimbrudernahen Vermieter eine ortsunübliche Miete zahlt und der Imam persönlich von den Muslimbruder-Funktionären Ibrahim El-Zayat und Samir Falah geehrt wurde.

Die NBS zeigt sich also als Verein, der unter Marketing-Gesichtspunkten alle Register zieht – von der gefälligen und schönfärbenden Eigendarstellung bis hin zu juristischem Säbelrasseln, wenn eine Fremdmeinung Betätigungen und gewünschtes Image hinterfragt und kritisch sieht. Auch auf dieser Seite wurde die NBS schon mit mehreren Beiträgen ausführlich besprochen. In der Stellungnahme der NBS

zeigt sich Sabri „schockiert“ und der Anwalt Johannes Eisenberg vermutet die Inszenierung eines Sonderrechts aus einer „islamophobischen Motivlage“.

Berliner ZMD Teil dieser Strukturen?

Dass sich nach der Durchsuchung nun auch Dritte empört zu Wort melden, verwundert nicht. Besonders fallen dabei die DMG und der Berliner Landesverband des Zentralrats der Muslime (ZMD) auf. Weiterlesen

Die fünf größten Irrtümer über die DITIB

Über den Moschee-Dachverband DITIB gibt es eine Reihe weit verbreiteter, aber dennoch falscher Annahmen. Insbesondere die politischen Debatten rund um die DITIB sind bis heute von den immer gleichen falschen Annahmen gekennzeichnet.  

Die DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Der Moschee-Dachverband Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DITIB) gilt als größte sunnitisch-islamische Organisation in Deutschland. Nach eigenen Angaben sind mehr als 900 Moschee-Gemeinden Mitglied bei der DITIB. Der Verband mit Sitz in Köln ist seit 1984 als Verein eingetragen. 2018 wurde vom Bundesverfassungsschutz eine Beobachtung der DITIB geprüft. Bislang kam es dazu jedoch nicht.

In vielen Bundesländern ist die DITIB seit langem im Gespräch, wenn es um den islamischen Religionsunterricht geht. Die politischen Debatten rund um die DITIB sind jedoch bis heute von den immer gleichen falschen Annahmen gekennzeichnet. Zu einer wirklichkeitsnahen Einschätzung gelangt man allerdings nur durch einige Fakten zur DITIB, die der Moschee-Dachverband selber nicht liefert. Im Folgenden werden die Irrtümer behandelt, die sich bislang am hartnäckigsten gehalten haben.

1.) Die DITIB ist eine Religionsgemeinschaft

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Mönchengladbacher Integrationsrat: Wolf im Schafspelz

In Mönchengladbach wurde letzte Woche Nasser Zeaiter zum neuen Vorsitzenden des Integrationsrates gewählt. Der gebürtige Libanese sitzt auch für die Grünen im Stadtrat. Er selbst wie auch das von ihm gegründete al-Ghadir-Kulturzentrum weisen Bezüge zu Vereinen und Personen auf, die dem Netzwerk der Hizbollah zugeordnet werden. 

Bei der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl am 13. September wurden auch die Integrationsräte neu gewählt. Diese fungieren als kommunale Vertretung aller Migranten. In Mönchengladbach hat sich der neugewählte Integrationsrat laut einer Mitteilung der Stadt am 12. November zu seiner ersten Sitzung getroffen. In dieser Sitzung wurde auch der neue Vorsitzende des Integrationsrates gewählt. Nach zwei Wahlgängen, bei denen Maria Weihrauch (DRIV Integration) und Nasser Zeaiter (Bündnis 90/Die Grünen) die gleiche Stimmenanzahl erreichten, musste jedoch das Los entscheiden. Das entschied dann zu Gunsten des aus dem Libanon stammenden Zeaiter. Daraufhin gratulierte der ebenfalls neugewählte Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) dem stadtbekannten Gebrauchtwagenhändler zu seiner neuen Funktion. Zeaiter vertritt die Grünen auch im Mönchengladbacher Stadtrat.

Nasser Mohammad Zeaiter ist auch Gründer des in Mönchengladbach beheimateten al-Ghadir-Kulturzentrums. 2006 gab er gegenüber der taz an, im Jahr 1984, also als 19-Jähriger, vor dem libanesischen Bürgerkrieg nach Deutschland geflohen zu sein. Auf seiner Facebook-Seite gibt er an, im Libanon Wirtschaftswissenschaften sowie später bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Düsseldorf studiert zu haben. Bei den Grünen in Mönchengladbach firmiert er als Bürokaufmann. Und in der Stadt als Gebrauchtwagenhändler.

Verknüpfungen des Vereins mit dem Integrationsrat

1999 wurde das al-Ghadir-Kulturzentrum als Verein eingetragen. Bei diesem Kulturzentrum handelt es sich um einen schiitisch ausgerichteten Moschee-Verein. Die Gemeinde wurde 2014 wegen ihrer „ernsthaften und nachhaltigen Bildungsarbeit mit einer weltoffenen Lebensphilosophie“ für den städtischen Integrationspreis vorgeschlagen. An der Ernsthaftigkeit dieser Bildungsarbeit ist zwar nicht zu zweifeln. Wenn man unter „Nachhaltigkeit“ versteht, die folgende Generation im Blick zu haben, so ist auch daran nicht zu zweifeln. An der „weltoffenen Lebensphilosophie“ aber darf aufgrund der Bezüge des Vereins gezweifelt werden. 2015 beschloss der Mönchengladbacher Integrationsrat, den Verein mit 1.500 Euro in seiner Bildungsarbeit zu unterstützen. Mitglied im Integrationsrat war damals neben Nasser Zeaiter als Vorsitzender des al-Ghadir-Vereins auch Zeina Wehbe. Laut Vereinsregister war Wehbe von 2007 bis 2018 stellvertretende Vereinsvorsitzende. Für den Integrationsrat trat sie zunächst als Einzelbewerberin an, wurde 2014 gewählt und dann auch sofort stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrates.

2020 sind weitere Personen aus dem Vereinsumfeld in Richtung Integrationsrat aktiv geworden. So kandidierten auf der Liste der Grünen neben Nasser Zeaiter mit Zahraa Zeaiter und Ismail Zeaiter auch Vertreter der nächsten Generation. Auf der Liste Gemeinsam für Mönchengladbach (GfM) kandidierten neben Zeina Wehbe auch Sarah Wehbe und Rami Zeaiter. Letzterer ist nach eigenen Angaben ebenfalls im Vorstand des al-Ghadir-Vereins. In den Rat gewählt wurden jedoch nur Nasser Zeaiter und Zeina Wehbe. Und das sind nur die Personen, die hinsichtlich ihrer Namen zuordnungsfähig sind. Politische Einflussnahme ist offensichtlich fest angestrebt, und man kann glauben, dass es ernst gemeint ist, wenn Nasser Zeaiter in seiner Vorstellung bei den Grünen von „Migrationsmeinungen vertreten und den Migranten eine größere Rolle in unserer Stadt für alle ermöglichen“ spricht. Man kann vermuten, dass die „größere Rolle“ vor allem der eigenen Strömung zugedacht ist. Denn Zeaiter präsentiert über die Jahre hinweg auf seiner Facebook-Seite immer wieder Fotos, auf denen er mit Personen aus dem Netzwerk der Hizbollah zu sehen ist. Diese Personen treten teilweise auch im Verein auf.

So war erst im letzten Frühjahr ein Vertreter des Berliner Vereins Mabarrat-Waisenkinderprojekt in Weiterlesen

Enttäuschende Islamismus-Debatte

Aus Anlass der jüngsten Anschläge stand im NRW-Landtag am Donnerstag eine Debatte zur Islamismus-Bekämpfung auf der Tagesordnung. Die von nicht wenig Selbstlob gekennzeichneten Beiträge blieben jedoch zumeist oberflächlich, insbesondere bei der Erörterung der Deradikalisierungs-Programme. Tonangebend bei der Debatte waren überwiegend Integrationspolitiker.

Bild: Sigrid Herrmann-Marschall

Unter dem Tagesordnungspunkt „Islamistische Gefährder konsequent rückführen – Aussteiger- und Präventionsprogramme intensivieren“ fand am Donnerstagvormittag im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf eine fast 100-minütige Plenardebatte zum Thema Islamismus statt. Hintergrund der Aussprache waren die jüngsten islamistisch motivierten Anschläge in Dresden, Paris, Nizza und Wien.

Bereits die Rednerliste offenbarte, dass die meisten Fraktionen das Thema Islamismus-Bekämpfung mehr im integrationspolitischen Bereich ansiedeln als bei der Innenpolitik: So schickte die CDU als ersten Redner den Innenpolitiker Gregor Golland ins Feld. Danach aber sprachen für die CDU mit Heike Wermer und Marc Blondin nur noch Integrationspolitiker. Für SPD und FDP sprachen ausschließlich Integrationspolitiker. Und auch für die Landesregierung sprach nur Integrationsminister Joachim Stamp. Landesinnenminister Herbert Reul war zwar anwesend, ergriff jedoch nicht das Wort. Ministerpräsident Armin Laschet zeigte wenig Interesse an der Debatte und verließ den Plenarsaal bereits nach rund 45 Minuten wieder.

Breite Debatte über Abschiebung von Gefährdern

Den größten Raum in der Debatte nahm die Frage nach der Abschiebung islamistischer Gefährder ein. Dabei zeigte sich Joachim Stamp erneut entschlossen, möglichst viele ausländische Gefährder in ihre Heimatländer zurückzuführen. Er erinnerte an den Fall Sami A. und sagte, bei der Abschiebung von Gefährdern gehe die Landesregierung „bis an die Grenzen des Rechtsstaats“. Der FDP-Politiker sprach davon, ein Gutachten in Auftrag gegeben zu haben, das klären soll, ob etwa auch Abschiebungen von Gefährdern in sichere Gebiete Syriens rechtlich möglich sind. Der AfD, die zuvor kritisiert hatte, dass in diesem Jahr bislang nur sechs von 375 Gefährdern abgeschoben wurden, warf Stamp vor, es sich bei diesem Thema zu einfach zu machen. Die Grünen wiederum kritisierten Stamp für seine Abschiebepolitik.

Wie die meisten Redner an diesem Tag sparte auch der FDP-Minister nicht mit Selbstlob: So lobte er Weiterlesen

Neues „Islamkolleg“: Hintergrund fragwürdig

Beim „Islamkolleg Deutschland“, das vom Bundesinnenministerium gefördert wird, sollen Imame und Seelsorger praktisch ausgebildet werden. In der Presse wird der neue Verein unterschiedlich bewertet, mal ist von „unabhängiger Ausbildung“ die Rede, mal von „verbandsübergreifender Beteiligung“. Was und wer steht hinter dieser Bildungsinitiative, die am Dienstag auf der Deutschen Islam Konferenz so gelobt wurde?

Um Imam einer muslimischen Gemeinde zu sein, ist prinzipiell keine formale Ausbildung nötig; es genügt, die Rituale und Gebete leiten zu können und wichtige religiöse Vorschriften zu kennen. Hilfreich ist für die Anerkennung in der Gemeinde, das Vertrauen der Gläubigen zu genießen. Hinsichtlich des Imams richtet man sich oft nach den Möglichkeiten, die nicht zuletzt durch die Finanzstärke der Gemeinde bestimmt sind. Ein Grund, weshalb auch mancher Prediger oder Autodidakt sich als Imam fühlt oder so bezeichnet wird. 

Da die überwiegende Zahl der Muslime in Deutschland aus der Türkei stammen, sind die Gemeinde-Imame, die den Gläubigen zur Verfügung stehen, häufig türkischstämmig. Die DITIB, ATIB und auch einige IGMG-Moscheen beschäftigen Imame, die von der türkischen Religionsbehörde Diyanet gestellt werden. Der VIKZ bildet seine Imame überwiegend selber aus. Andere sunnitische Gemeinden beschäftigen Imame, die aus Bosnien, Albanien, nordafrikanischen Ländern, Pakistan oder noch anderen Ländern herstammen oder dort ihre Ausbildung absolviert haben. Schiitische Imame stammen häufig aus dem Iran oder anderen schiitisch geprägten Ländern. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat unterhält seit Jahren ein eigenes Zentrum in Riedstadt bei Darmstadt. Ausschließlich in Deutschland nicht von der Gemeinschaft selbst ausgebildete Imame hingegen haben es bislang schwer. 

Diese Auslandsfixierung und -finanzierung wird nicht nur von der Politik kritisch gesehen. Besteht doch die Befürchtung, dass Imame, die die deutsche Sprache nicht beherrschen und die mit deutschen Lebensrealitäten nicht vertraut sind, ein stärker fundamentales und hier radikal wirkendes Islambild vermitteln könnten. Auch besteht die Sorge, dass ein zu starker religiös-traditioneller Bezug zur Herkunftsregion hierzulande einer Integration im Wege steht. Deswegen war das Angebot einer Imam-Ausbildung in Deutschland ein Wunsch der Politik. Islam-Verbände hingegen wünschten sich überwiegend Geld, um dies selber zu gestalten oder die eigenen bereits laufenden Bemühungen zu unterstützen. Zum Stand in Sachen Ausbildung der Imame war im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz (DIK) 2019 eine Übersicht erstellt worden, bei der allerdings das Fehlen der Erfassung schiitischer Organisationen auffällt. Daraus geht hervor, dass die Verbände überwiegend keine eigenen Imam-Ausbildungen in Deutschland betreiben. Und dass etwa ein Projekt zur „Interkulturellen Qualifizierung von Imamen“, das öffentlich gefördert wurde, genau von jenem Imam koordiniert wurde, der vom hessischen Justizministerium wegen seiner Muslimbrudernähe nicht mehr in hessische Gefängnisse gehen sollte. Dieser Imam ist seit einigen Jahren Generalsekretär des Zentralrats der Muslime (ZMD).

Eine staatlich unterstützte Imam-Ausbildung hingegen wurde durchaus auch, wie hier im IGMG-nahen IslamiQ, kritisch gesehen. „Es ist nicht Aufgabe des Staates, Imame auszubilden, sondern Aufgabe der Religionsgemeinschaften“, sagte der Vorsitzende des DITIB-Landesverbandes Niedersachsen und Bremen, Ali Ünlü, laut dieser Quelle. Jene Verbände, die ihre Imame durch die türkische Religionsbehörde gestellt bekommen, sind also – bislang – nicht dabei, sie haben seit Januar ihre eigene Einrichtung in Dahlem. 

„Islamkolleg“ medial als Lösung präsentiert

Pünktlich zum Beginn der Deutschen Islam Konferenz am Dienstag gab es breite Medienaufmerksamkeit. Beim NDR werden Zahlen genannt: Eine Million Euro will das Weiterlesen

Radikalisierung in ZMD-Moschee?

Trotz gegenteiliger Beweise strapaziert der mutmaßliche IS-Terrorist Ravsan B. das Gericht mit seiner Darstellung, er habe „nur Frauen und Kindern helfen wollen“. Am Dienstag plauderte der Tadschike freimütig darüber, vor seiner Verhaftung die Abu-Bakr-Moschee in Wuppertal frequentiert zu haben. Dabei handelt es sich um eine ZMD-Moschee, die schon mehrfach durch radikale Bezüge aufgefallen ist. Im Vorstand der Moschee-Gemeinde sitzt der CDU-Politiker und ZMD-Landesvorsitzende Samir Bouaissa.

Die Abu-Bakr-Moschee in Wuppertal (Bild: Sigrid Herrmann-Marschall)

Der Prozess gegen Ravsan B. wurde am Montag und Dienstag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) fortgesetzt. Seit 22. September wird vor dem 6. Strafsenat des OLG gegen den 30-Jährigen verhandelt. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, im Januar 2019 in Nordrhein-Westfalen eine Zelle gegründet zu haben, um für die Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland Anschläge zu begehen. Bei den möglichen Anschlagszielen soll es sich um einen in Neuss lebenden Islam-Kritiker, die US-Airbase Spangdahlem in Rheinland-Pfalz sowie den Nato-Stützpunkt Geilenkirchen im Kreis Heinsberg gehandelt haben. In Geilenkirchen sind AWACS-Aufklärungsflugzeuge stationiert, die mehrfach an Anti-IS-Missionen teilgenommen haben. Außerdem soll Ravsan B. den IS mit Geld unterstützt haben. Zum Prozessbeginn hatte der Tadschike beteuert, er sei von seiner Frau verlassen worden und habe dann nach dem Konsum von Alkohol, Drogen und IS-Propagandavideos über die Situation in Syrien „helfen wollen“.

Daran hielt der am 15. März 2019 in Untersuchungshaft genommene B. auch weiter fest, als er sich am Montag zur Anklage einließ. Ausführlich schilderte er, wie sich die Gruppe Anfang 2019 gründete. Dabei versuchte er jedoch immer wieder den Eindruck zu erwecken, nichts davon gewusst zu haben, dass es dabei um Terror ging. „Ganze Muslime sind Brüder“, sagte er. „Wenn du deinen Brüdern nicht hilfst, verflucht dich Gott.“ Obwohl der Senatsvorsitzende Jan van Lessen, der diesen Darstellungen offenbar keinen Glauben schenkte, mehr als vier Stunden lang mit Fragen nachhakte und ihn dabei auch immer wieder mit IS-Bezügen und -Kontakten aus seinen Chats konfrontierte, behauptete Ravsan B. unbeirrt, von Terror nichts gewusst zu haben. Mehrfach verwies er darauf, in einer „schweren Lebenssituation“ gewesen zu sein oder nicht gewusst zu haben, was er damals tat. An einer Stelle behauptete er gar, die Videos aus Syrien, die er gesehen habe, seien „von neutralen Aktivisten vor Ort“ produziert worden.

Plötzlich ein grober Patzer

Am späten Montagnachmittag aber unterlief Ravsan B. ein grober Patzer: Plötzlich räumte er ein, Weiterlesen